Oft bleibt im stressigen Klinikalltag und angesichts des ökonomischen Drucks, der auf vielen Medizinern lastet, zu wenig Zeit für den Austausch zwischen Arzt und Patient.

Bei betreuungsintensiven Fachdisziplinen wie etwa der Diabetologie oder der Rheumatologie leidet häufig auch der Behandlungserfolg unter der fehlenden Gesprächszeit – mit massiven gesundheitlichen Folgen. Derzeit diskutiert die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) die Frage, wie sich ärztliche Grundwerte und ökonomische Gesichtspunkte besser vereinen lassen. 

Statistiken zufolge unterbricht der Arzt seinen Patienten bereits nach 15 Sekunden und stellt vornehmlich sogenannte „geschlossene“ Fragen, auf die der Patient nur mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann. Für „offene“ Fragen, wie die nach dem Befinden bleibt zu wenig Zeit. „Das Gespräch mit dem Patienten ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass er überhaupt Vertrauen gewinnen kann – zur Medizin und zum behandelnden Arzt. So können wir ihm beispielsweise Mut machen, eine Behandlung zu beginnen“, sagt Professor Schumm-Draeger, Vorsitzende und Kongresspräsidentin der DGIM aus München. Grundstein für den Austausch zwischen Ärzten und Patienten sei ausreichend Zeit – und diese sei im zunehmend wirtschaftlich orientierten Klinikalltag zu wenig vorhanden. „Die so wichtige ‚Sprechende Medizin‘ kommt häufig viel zu kurz“, meint Schumm-Draeger. „Um sicherzustellen, dass Patienten zukünftig beispielsweise besser über mögliche Risiken von Medikamenten informiert werden, müssen wir im Vergütungs-System Raum für den Austausch mit dem Patienten schaffen.“

Gerade für Menschen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes oder Schilddrüsen-erkrankungen sind regelmäßige Gespräche mit Ärzten sehr wichtig – denn hier ist eine erfolgreiche Betreuung und Behandlung nur mit einer intensiven Arzt-Patienten-Beziehung möglich. Bei der Diabetestherapie kommt dem Patienten beispielsweise eine entscheidende Rolle zu: „Er muss die wesentlichen Therapiemaßnahmen in seinem Alltag dauerhaft und eigenverantwortlich umsetzen“, erläutert die DGIM-Vorsitzende. „Je besser dem Betroffenen das gelingt, desto positiver ist die Prognose für den Verlauf des Diabetes.“ Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass Patienten – beispielsweise durch Gespräche mit Ärzten – ausreichend Wissen über ihre Erkrankung und genügend Fertigkeiten haben, um damit im Alltag zurecht zu kommen. In einem Video veranschaulicht Professor Schumm-Draeger die Bedeutung der „Sprechenden Medizin“ in der Diabtetestherapie. Interessierte finden das Video hier.

Neben ihrer Forderung nach einer angemessenen Vergütung für die „Sprechende Medizin“ befasst sich die DGIM intensiv mit der Frage, wie die verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen die Bedingungen für Ärzte und Patienten verbessern können. Am Ende der Diskussion soll ein „Klinik-Kodex“ stehen. Wir werden berichten, in Kürze mehr!

Foto: pixabay