Der Kaiser und seine Anna Nahowski: Schloss Schönbrunn – Amour jenseits der höfischen Etikette

Hasmann-Gabriele-copyright-Gerhard-Kunze1Im Tiergarten Schönbrunn wird in Kürze ein Bankerl gekennzeichnet, auf dem der Kaiser Franz Joseph sein Pantscherl Anna Nahowski verführt hat – ein hochoffizieller Akt der Tiergartenleitung – das Bankerl ist natürlich nicht mehr das Original, aber der Platz, auf dem es steht. Wem wir dieses Wissen verdanken: Gabriele Hasmann, die für ihr Wien zu zweit“ Buch wahre Schätze zusammengetragen hat: „Wien ist romantischer, als es zugeben möchte“, weiß die Autorin. Von kokett bis verrucht, von tragischem Sehnen bis Happy End in Wien kann man die ganze Palette der romantischen Gefühle erleben. Das spiegelt sich in historischen Geschichten ebenso wie in modernen Filmen wider.Gabriele-Hasmann_Wien-zu-zweit_RGB_FLAT_Goldegg-Verlag

 

 

Beim Schloss Schönbrunn in Wien Hietzing –  in Kombination mit Romantik – denkt jeder wohl sofort an Kaiser Franz Joseph I. und „seine Sisi“ – Stoff, aus dem die Träume sind. Auch wenn im Hause Habsburg-Lothringen nicht alles Gold war, was glänzte, dürfte es sich bei der Ehe viele Jahre lang um eine innige Liebesbeziehung gehandelt haben.

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Dennoch pflegte der Regent, ein stattliches Mannsbild mit vermutlich nicht gerade unbescheidenen männlichen „Starallüren“, zumindest ein außereheliches Verhältnis – damit ist allerdings nicht die Romanze mit Hofschauspielerin Katharina Schratt gemeint, mit der Kaiser Franz Joseph von 1885 bis zu seinem Tod eine von inniger Freundschaft geprägte Beziehung verband (ob dabei jemals Lust und Erotik eine Rolle spielten, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden). Jedenfalls wurde diese wie auch immer geartete Verbindung von Sisi, die schon früh vor dem streng reglementierten Leben am Wiener Hof floh und sich ab 1860 häufig auf Reisen begab, nicht nur abgesegnet, sondern sogar gefördert. Auch wenn sie später einmal in ihr Tagebuch schrieb, als ihr Gatte von einem Besuch bei der Freundin nach Hause kam: Kehrt heim von seiner Kuh, o welch ein Ochs bist du!“

Bei dem tatsächlichen Verhältnis des Herrschers, das er von 1875 bis 1888 pflegte, handelte es sich um die körperliche Hingabe zu Anna Nahowski. Auf einem seiner frühmorgentlichen Märsche durch Schönbrunn traf der Regent am 6. Juni 1875 auf ein schlankes, dunkelhaariges 15-jährige Mädchen, das mit seiner Dienstmagd Lini unterwegs war, und hat sie mit den Worten: „Sie gehen aber fleißig spazieren!“ angesprochen und sich danach mit ihr sogleich für den nächsten Tag verabredet haben. Anna Nahowski hat am selben Abend in einem Büchlein vermerkt, dass diese Begegnung der glücklichste Moment ihres Lebens gewesen wäre, was sie auch später immer wieder betonte. Die junge Frau befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer lieblosen Zwangsehe mit einem reichen Seidenfabrikanten und zugleich spielsüchtigen Alkoholiker, und der Kaiser vereinsamte neben seiner reisefreudigen Gattin zusehends und sehnte sich nach Zuneigung und Zärtlichkeit. „Sisi“ ahnte nichts von den amourösen Anwandlungen ihres Gemahls, denn sie schrieb ihm voll des schlechten Gewissens, weil sie sich so selten am Hof aufhielt: Deine früh ergrauten Haare, Stillen Vorwurf sprechen sie; Und die Treue langer Jahre, Ich verdiente sie wohl nie. 

Nach der ersten Kontaktaufnahme früh morgens im Schlosspark machte Franz Joseph I. Anna Nahowski den Hof, die sich allerdings nicht nur geschmeichelt fühlte, sondern sich aus vollem Herzen in den Regenten verliebte. Nach dem ersten Kuss auf einem Bänkchen im Tirolergarten am 15. Juni 1875 schrieb die junge Frau in ihr Büchlein: Ich hab´ ihn wahrhaftig geküsst. Ich fühle es noch, der Bart war vom Regen nass. Wann genau die Romanze zwischen dem Kaiser und dem Mädchen begann, ist nicht belegt, vermutlich jedoch etwa drei Jahre nach dem ersten Aufeinandertreffen. Sicher ist nur, dass Anna Nahowski zu diesem Zeitpunkt bereits von ihrem ersten Mann geschieden war, und dass sie von „Ihrer Majestät“ auf einem Bänkchen im Tirolergarten (Areal am Glorietteberg südlich des Tiergartens, in dem Erzherzog Johann zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Bauernhaus im Tiroler Stil errichten ließ) verführt wurde. Der Herrscher hatte sich dafür eine sehr günstig platzierte Sitzgelegenheit ausgewählt, die von außen nicht zu sehen war. Dennoch wurde das Paar von der Geheimpolizei überwacht, was nicht einmal Franz Joseph wusste.

Und dort, wo sich einst das „Kuss-Bankerl“ des Kaisers befand, steht heute ebenfalls ein moderneres Pendant – und keiner weiß, was einst an dieser Stelle hinter Sisis Rücken geschah. Bis heute jedenfalls.

Wer seinem Schatz zum Frühlingsbeginn mal etwas Abwechslung vom Alltagsleben schenken will, kann mit dem im Goldegg Verlag erschienenem Romantik-Reiseführer „Wien zu zweit“ eine Tour d’amour durch Wien zusammenstellen.  „Wien zu zweit“ empfiehlt romantische Touren, Sehenswürdigkeiten und Insider-Tipps für jeden Geschmack, für jede Jahreszeit und genug, um damit nicht nur ein Wochenende zu füllen. Zu vielen der empfohlenen Schauplätze finden Interessierte auch die entsprechenden historischen (Liebes-) Geschichten, mit denen man beeindrucken, verzaubern und überraschen kann. Wie zum Beispiel auch mit der folgenden besonders prickelnden Geschichte zum Kaiserbankerl.

Das Buch: „Wien zu zweit Magische Momente, romantische Plätze und zauberhafte Geschichten“ Gabriele Hasmann, Goldegg Verlag, Februar 2015, 12,95 €

Fotos: © Gerhard Kunze