Wer kennt sie nicht, die Seensucht? Reich an glitzernden Seen und hohen Bergen, Geschichte und Brauchtum, ist es ein Sehnsuchtsort für Unberührtes und Erholung – das Salzkammergut. Seit Jahrhunderten wird es beschrieben und begehrt, vermessen und bereist, erschwommen, bewandert und angepriesen. Oft als „zehntes Bundesland“ Österreichs bezeichnet, weil sich hier Brauchtum und Handwerk gehalten haben, die man sonst kaum kennt. Doch was wissen wir abseits der uralten Geschichte des Salzabbaus in Hallstatt und Altaussee, der gezählten 67 Seen, der Hymnen von sommerfrischenden Kaisern und Künstlern auf ihren jeweiligen Lieblingssee oder Lieblingsgipfel über die in aller Welt bekannte Region? Vor allem: Wie schmeckt diese so traditionsreiche Gegend, die mit Bad Ischl an der Spitze auch Europäische Kulturhauptstadt 2024 wird?

So holen Sie sich das kulinarisches Salzkammergut nach Hause

Die Region hat unzählige kulinarische Hochgenüsse zu bieten, wie Haubenkoch Lukas Nagl und Kulinarik-Expertin und Autorin Katharina Seiser in Ihrem Kochbuch Salzkammergut zeigen. Das Buch fängt den Geschmack dieser einzigartigen Region ein: Aus den klaren Gewässern kommen Fische in großer Artenvielfalt und Krebse frisch auf den Teller, aus dem Wald Wildkräuter und Schwammerl, dazu Gemüseraritäten, frischer Schafkäse, duftendes „ewiges“ Brot und allerlei Süßes. Denn hier sind Mehlspeisen weit mehr als Kuchen zum Kaffee.

Die Gegend fasziniert durch ihre Ursprünglichkeit. Da dürfen auch Besuche bei den Menschen vor Ort, etwa im Salzbergwerk oder beim Schafbauern, nicht fehlen. In Altaussee wird heute noch Natursalz abgebaut, auf fast so mühsame Art wie noch vor Jahrtausenden. Schafe genießen hier mitunter eine noch bessere Aussicht als Menschen und über den Fischfang gibt es selbst bei Schnürlregen draußen am Mondsee viel zu erfahren.

Das Salzkammergut steht für bäuerliche wie bürgerliche Gerichte. Die Rezepte von Lukas Nagl, gelingsicher aufbereitet von Bestseller-Autorin Katharina Seiser, sind weltoffen, was Geschmack und Kombinationen betrifft. Ihre Wurzeln liegen jedoch immer in der Region. So sind köstliche Versionen von alten, oft sehr einfachen Gerichten wie Semmelböller oder Brotsuppe entstanden, Roggene Krapfen werden zu Salzkammergut-Tacos und der Gmundner Salat steht seinem Kollegen aus Nizza um nichts nach.

1. Rezept für Kaisergulasch

Heute kann man fast alles „kaiserlich“ nennen. Einen diesbezüglichen Amtsträger gibt es bekanntlich seit einem Jahrhundert nicht mehr. Aber dieses Gulasch mit Apfel, Ingwer, Zitrone und Kapern hat den Titel wahrlich verdient!

Zutaten für 4 Personen

  • 1 kg Kalbfleisch (Hals, Schulter oder Vögerl, vom Fleischhauer in Würfel von ca. 4 x 4 cm geschnitten)
  • 40 g + 20g edelsüßes Paprikapulver
  • Abrieb von 3 unbehandelten Zitronen
  • 20 g frischer Ingwer
  • 2 EL neutrales Sonnenblumenöl
  • 500 g Zwiebeln
  • 100 g Butter
  • 2 große Äpfel (ca. 300 g)
  • 20 g Tomatenmark
  • 250 ml trockener Weißwein, z.B. Grüner Veltliner
  • 250 ml Suppe (Rinds-, Gemüse- oder Hühnersuppe oder Kalbsfond, alternativ Wasser)
  • 15 g abgeschwemmte Salzkapern oder Essigkapern
  • 5 g Kümmel ganz
  • Majoran getrocknet und gerebelt
  • schwarzer Pfeffer
  • Salz

Vor- und Zubereitung

  1. Am Vortag das Kalbfleisch mit 40 g Paprikapulver, fein abgeriebener Zitronenschale von zwei Zitronen, mit einem kleinen Löffel abgeschabtem/geschältem und geriebenem oder gehacktem Ingwer und Öl mischen und kräftig durchkneten. Gut zugedeckt über Nacht im Kühlschrank beizen lassen.
  2. Am nächsten Tag für den Gulaschansatz die Zwiebeln in feine Würfel schneiden. In einem schweren Topf Butter aufschäumen, Zwiebeln darin sehr langsam goldgelb rösten (min. eine Stunde).
  3. Währenddessen Äpfel schälen, entkernen und ebenfalls in kleine Würfel schneiden. Zu den goldgelben Zwiebeln geben, kurz weiterrösten. Tomatenmark kurz mit anschwitzen. 20 g Paprikapulver zugeben und sofort mit Weißwein ablöschen. Komplett reduzieren lassen und mit Suppe, Fond oder Wasser auffüllen. Kapern hacken und mit dem Kümmel dazugeben. Mit Salz, Pfeffer und Majoran würzen.
  4. Fleisch in den kochenden Ansatz einlegen und ca. 1,5 Stunden offen leicht köcheln/ziehen lassen. Das fertige Gulasch mit frischem Zitronenabrieb und ggf. Salz abschmecken.

Tipp: Als Beilage passen selbstgemachte Nockerl mit glattgerührtem Sauerrahm hervorragend zum Kaisergulasch.

2. Rezept für Grammelknödel mit Pfefferoni-Sauerkraut

Ein Klassiker aus der oberösterreichischen Küche, nach Belieben mit Mehl-/Nudelteig oder wie hier mit dem vergleichsweise modernen Erdäpfelteig zubereitet.

Zutaten für 8 Knödel

Erdäpfelteig:

  • 2 Handvoll grobes Salz
  • 500 g mehlige Kartoffeln
  • Salz
  • Muskatnuss
  • 90 g glattes Weizenmehl Type 700
  • 75 g Erdäpfelstärke
  • 2 Eigelb
  • 25 g flüssige Butter

Pfefferoni-Sauerkraut:

  • 1 Zwiebel
  • 30 g Schweineschmalz
  • 1 Apfel
  • 125 ml Apfelsaft
  • 400 g Sauerkraut
  • schwarzer Pfeffer ganz
  • 2 Wacholderbeeren
  • 2 Lorbeerblätter
  • 2 eingelegte Jalapeños oder grüne Pfefferoni
  • 20 g frischer Liebstöckel
  • Salz
  • evtl. Bratlfett vom Metzger des Vertrauens

Grammelfüllung für 8 Knödel:

  • 50 g Zwiebeln
  • 30 g Butter
  • 30 g Petersilie
  • 400 g Grammeln
  • 2 Knoblauchzehen
  • Piment gemahlen
  • Salz
  • schwarzer Pfeffer

Zubereitung

  1. Für den Erdäpfelteig Backofen auf 180 °C Umluft vorheizen. Das grobe Salz auf einem Backblech mit Backpapier ausbreiten, gewaschene Erdäpfel daraufsetzen und bei 180 °C Umluft ca. 1,5 Stunden weich backen. (Das Salz kann man öfter für diesen Zweck verwenden.)
  2. Für das Sauerkraut die Zwiebel in feine Streifen schneiden und im Schweineschmalz anschwitzen. Apfel schälen, grob reiben und dazugeben. Mit Apfelsaft aufgießen und fast ganz reduzieren. Sauerkraut hinzufügen und mit etwas Sauerkrautsaft oder Wasser bedecken. Wacholder und Lorbeer in ein Teesackerl füllen und dazugeben. Min. eine Stunde weich kochen.
  3. Erdäpfel für den Teig halbieren, auskratzen und gut ausdämpfen lassen. Noch heiß passieren, mit Salz und Muskatnuss würzen und rasch mit Mehl, Stärke, Eigelb und Butter mit den Händen zu einem Teig verarbeiten. Zugedeckt 30 Minuten rasten lassen.
  4. Währenddessen für die Füllung die Zwiebeln in feine Würfel schneiden und in der Butter langsam 4 bis 5 Minuten goldbraun braten. Petersilie inkl. zarter Stiele fein hacken, zur Zwiebel geben.
  5. Für Grammelknödel die Grammeln fein hacken. Die gebratenen Zwiebeln mit Grammeln vermischen, Knoblauchzehen hineinreiben und mit den Gewürzen abschmecken. Fülle zu 8 Kugeln formen und ca. 30 Minuten einfrieren. Erdäpfelteig in 8 Stücke teilen, Füllekugeln mit Teig einhüllen, Knödel sorgfältig verschließen.
  6. In einem weiten Topf gesalzenes Wasser aufkochen und die Knödel mit einer Drehbewegung in das Wasser gleiten lassen. Ca. 15 Minuten leicht wallend garen.
  7. Jalapeños ohne Stiel und Samen fein hacken, Liebstöckel abzupfen und fein hacken. Beides zum Sauerkraut geben, mit Salz und evtl. Bratlfett abschmecken. Knödel herausheben, abtropfen lassen und sofort mit dem Kraut anrichten.

3. Rezept für Grießknödel mit Zwetschkenröster

Ursprünglich wurden Grießknödel in den südlichen Regionen Oberösterreichs eher mit grobem Holzhackergrieß gemacht und mit Schweineschmalz statt Butter, was eine reichhaltige Hauptspeise ergab. Hier die pflaumige Variante, die auch als Nachspeise taugt.

Zutaten für 4 bis 8 Portionen

Grießknödel:

  • 500 g Milch
  • 100 g Butter
  • 20 g Kristallzucker
  • 20 g Vanillezucker
  • gute Prise Salz
  • Abrieb von 1 unbehandelten Zitrone
  • 140 g Weizengrieß
  • 2 Eier

Butterbrösel:

  • 200 g Semmelbrösel
  • Zimt gemahlen
  • Salz
  • 50 g Staubzucker plus Staubzucker zum Bestreuen
  • 100 g Butter

Zwetschkenröster:

  • 500 g Zwetschken
  • 150 g Kristallzucker
  • 125 ml Rotwein, z.B. Zweigelt
  • 1 kleine Zimtstange
  • 2 Gewürznelken
  • 2 EL Maisstärke, in 4 EL kaltem Wasser aufgelöst

Zubereitung

  1. Für den Knödelteig Milch mit Butter und Zucker aufkochen, Vanillezucker, Salz und Zitronenabrieb dazugeben. Grieß einrieseln lassen, mit dem Schneebesen schnell durchrühren, mit einem Kochlöffel weiterrühren. Gut 2 bis 3 Minuten durchkochen, bis sich die Grießmasse vom Boden löst und etwas von der Butter aus der Masse austritt. Abkühlen lassen, dann die Eier einzeln nacheinander mit dem Handmixer einschlagen. Zugedeckt mind. 2 Stunden kühl stellen.
  2. Währenddessen für die Butterbrösel Ofen auf 160 °C Umluft vorheizen. Brösel, Zimt, Salz und Staubzucker trocken vermischen. Butter in einem Topf schmelzen. Butter mit der Bröselmischung mit den Händen verreiben. Auf einem Blech mit Backpapier flach ausgebreitet im vorgeheizten Ofen unter wiederholtem Rühren (alle 5 Minuten) ca. 30 Minuten schön goldbraun backen.
  3. Für den Zwetschkenröster Zwetschken waschen, vierteln und Kern entfernen. Zucker karamellisieren (in einem Topf mit dickem Boden Zucker einstreuen, auf mittlerer bis hoher Hitze erhitzen, bis der Zucker schmilzt und hellbraun karamellisiert, dabei nicht rühren) und die Zwetschken zufügen. Mit Rotwein aufgießen, Gewürze in einem Tee-Ei oder -Sackerl einhängen und 15 Minuten einkochen lassen. Mit angerührter Maisstärke leicht binden (nochmals aufkochen).
  4. Einen Topf Wasser aufstellen und zum Kochen bringen, leicht salzen. Knödelmasse aus der Kühlung nehmen, mit einem Eisportionierer 4 cm große Knödel ausstechen, mit nassen Händen rundformen und mit einer drehenden Handbewegung in das kochende Wasser einlegen. Einmal aufwallen lassen, 15 Minuten auf kleinster Flamme ziehen lassen. Für die letzten 5 Minuten Hitze abschalten und Deckel auf den Topf legen.
  5. Knödel mit einem Schaumlöffel aus dem Wasser heben und abtropfen lassen. In die Butterbrösel heben und darin wälzen. Mit Staubzucker bestreuen. Sofort mit Zwetschkenröster servieren.

Über die Autoren

Lukas Nagl ist leidenschaftlicher Koch und Familienvater. 2019 erkochte er sich erstmals 4 Hauben im Restaurant Bootshaus in Traunkirchen, das er zu einer Top-Adresse in Österreichs Gourmetszene entwickelt hat.

Katharina Seiser lebt in Wien. Sie hält Workshops u.a. zu Saisonalität, Produktqualität und Produktherkunft, ist Autorin des Bestsellers Immer schon vegan und der Jahreszeiten-Kochschule, Herausgeberin der Erfolgsreihe Österreich … vegetarisch, Kolumnistin sowie Kulinarik-Expertin. Ihre kulinarischen Notizen hält sie auf esskultur.at fest.

Thomas Apolt ist gelernter Fotograf aus dem Waldviertel. Seit 1991 fotografiert er in seinem Studio in Wien freiberuflich Essen, am liebsten ganz natürlich. Seine Bilder erscheinen in Magazinen und zahlreichen Kochbüchern.

Infos zum Buch

Salzkammergut – Das Kochbuch

Lukas Nagl, Katharina Seiser, Wolfgang Gröller (Hg.)
Fotografien von Thomas Apolt
Brandstätter Verlag 2020
Hardcover, 248 Seiten,
20 x 27 cm
Preis: 35 Euro
ISBN: 978-3-7106-0355-6

Fotos: Thomas Apolt/Brandstätter Verlag