Die Queen wird im April 90, The Queen haben 40 Jahre am Buckel, und wir feiern William Shakespeares 400. Todestag – jeden Dichter, von dem wir wissen, das wir sehr sehr wenig wirklich von ihm wissen ….

Viel Lärm um nichts? Von wegen: Der Mythos des Dramatikers ist 450 Jahre nach seiner Geburt ungebrochen. Eine spannende Zeitreise von London nach Straford upon Avon

DSC_0014Gäbe es die Möglichkeitsform noch nicht, müsste man sie unserer Sprache spätestens nach einer Reise in die Geburtsstadt William Shakespeares einverleiben: Auch 450 Jahre nach seinem (vermutlichen) Geburtsdatum weiß man über den größten Dramatiker aller Zeiten wenig, bzw. wenig Gesichertes. Der Guide im Geburtshaus Shakespeares in Stratford upon Avon begleitet seinen mit britischem Humor gewürzten Vortrag mit unzähligen „Possiblies“! „Wir glauben“, „wir vermuten“ … dass William dies und jenes tat, und sicherlich sind die vielen dunklen Flecken und Fragezeichen in der Biografie des elisabethanischen Theatermannes mit die Gründe für seine Anziehungskraft. Die Phantasie geht schließlich besonders gerne auf Reisen …

Titelbild: Geburtshaus in Statford upon Avon

DSC_0015

 

Der Mythos, der die Massen bewegt. Im beschaulichen Marktstädtchen im Herzen Englands küsst gar mancher den Boden im Geburtshaus, über den Shakespeare „possibly“ ging (weil original), gefolgt von aktuell rund zwei Millionen Gästen pro Jahr. Heuer werden es deutlich mehr sein, die sich im schmucken Fachwerkhaus mit dem pittoresken Gärtchen umsehen, durch den Raum pilgern, indem das Bett steht, in dem little Will das Licht der Welt erblickt haben soll. Man wird Hall’s Croft besuchen, wo Shakespeares Tochter Susanna als Frau des berühmten Arztes John Hall einen „pretty wealthy“ Lifestyle pflegten. Im Anne Hathaway Cottage, Geburtshaus der Gattin, gilt es eine alte Holzbank zu bestaunen, auf der William seine Ann hofierte – sehr erfolgreich, denn wenig später war sie schwanger … und verheiratet, was wohl die romantische Annahme einer reinen Liebesehe relativiert. Schließlich zog es William bald – ohne Anhang – ins staubige London, denn nur dort war für einen jungen Theatermann ohne universitärer Bildung etwas zu holen, wenn überhaupt. Die sanfte Hügel, von Mauern umschlossene Weiden, Schafe, idyllische Cottages, von Rosen umrankt, genießen wir zwar heute in vollen Zügen. Will tat es sicher nicht, also reisen wir ihm nach, in Stadt an der Themse, gerne sogar, denn eines ist klar: „Tracing Shakespeare“ lässt sich vorzüglich mit den „üblichen Verdächtigen“ in London kombinieren, die wir erwiesenermaßen lieben: Shoppen, die Szeneviertel genießen, Schlemmen – England ist seit Jahren stets für neue kulinarische Überraschungen gut. Nicht „possibly“, ganz sicher!

DSC_0043 DSC_0053 DSC_0049

 

 

 

 

 

 

 

 

All startes here! Sagte Guide Roger Bailey in Stratford noch vollmundig „alles beginnt hier“, wird Guide Andrew bei der „Dickens and Shakespeare“-Tour in London behaupten, dass man Stratford schlicht vergessen könne, was des Dramatikers Aufstieg angeht. Hier spielte die Musik, in der City of London, nicht in den malerischen englischen Midlands! Wir walken von einem (vermutlichen) Shakespeare Schauplatz zum anderen, darunter die Guildhall oder die Kirche St. Bartholomey the Great, u.a. Drehtort für „Shakespeare in Love“. Jetzt machen die Londoner Businesspeople – heute ist hier der Financial District – im Park vor der Kirche Mittagspause, verzehren ihren Sandwich, und halten ihre blassen Nasen in die milde Februarsonne. Wie sie heute verdiente einst Shakespeare hier gut, kaufte 1596 ein Familienwappen und ein Anwesen in Stratford: New Place, von dem heute nur noch in Grundmauern vorhanden sind, mit Garten, versteht sich, wir sind in England! Im 18. Jahrhundert fackelte es der damalige Besitzer eigenhändig ab – genervt von enormen Steuern und den Touristen. Shakespeare selbst ging 1611 wieder nach London, wo er 1616 starb. Heute noch wird gerätselt wie der Sohn eines Handschuhmachers zu solcher Bildung gelangen konnte? Zu den wortgewaltigen Dramen verarbeiten, die die Weltliteratur kennt?

DSC_0069 KopieOder war alles nur Theater? Ja, und zwar im wahrsten Wortsinn. Der Globe war Wills Spielwiese, davon kann man ausgehen, sowohl als Schauspieler als auch als vielbeschäftigter Autor reüssierte er hier südlich der Themse. Die Schauspieler agierten nicht auf abgehobenen Bühnen, nein die Bühne reicht weit in den Zuschauerraum hinein. Die billigsten Plätze waren im Innenhof (the yard), vor der großen Bühne. Die hier stehenden Besucher (the groundlings) zahlten einen Penny. In den umlaufenden Galerien gab es überdachte Sitzplätze, je weiter oben, desto mehr kostete ein Platz – pro Stockwerk je einen Penny mehr. Kein Platz war jedoch mehr als 20 Meter von der Bühne entfernt. Das kann man alles erfahren und erleben. Sowohl in Stratford als auch in London gibt es Führungen und Aufführungen in den Shakespeare Theatern. Das Sam Wannamaker Playhouse ist ein jakobinisches Theater, in dem heute gespielt wird wie anno dazumal, bei Kerzenschein ganz im Stil der Renaissance erleuchtet, Theater gespielt wird. Die neue Bühne – erst im Jänner eröffnet – kostet mehrere Millionen Pfund. Um das Geld aufzutreiben wurde fleißig gespart – und gespendet. Zu den Spendengalas pilgerte, was in London Rang und Namen hat. Dame Judi Dench etwa kam mit der ganzen Familie, um das Haus mitzufinanzieren. Das 340-Plätze Theater neben dem „alten“ Globe wurde nach dem berühmten US-Mäzen und Theatermann Sam Wanamaker benannt, der bereits 1993 starb, jedoch die Idee zum ersten Globe hatte. Die überdachte Spielstätte war von Anfang an Teil des Plans gewesen, die Theaterwelt aus Shakespeares Zeiten an der Themse wieder zum Leben zu erwecken. Wir sehen Francis Beaumont The Knight of the Burning Pestle – Der Ritter von der brennenden Keule, ca. 1610 – eine Parodie auf Ritterromane, ein Erlebnis, hier ein Stpück zu sehen, zum Brüllen komisch auch wenn man wenig versteht!

Fazit: Es ist kein „Sommernachtstraum“, nicht annähernd so tragisch-romantsich wie „Romeo und Julia“ oder hochdramatisch wie „König Lear“ – aber eine ganz und gar reizvolle Reise: Tracing Shakespeare ist ein Vergnügen, nicht nur für Theaterbegeisterte. All’s well, that ends well … Ende gut, alles gut, wir kommen wieder!

Theater & Termine

Globe in London: ab Mitte April bespielt, Stehplätze ab 5 Pfund (ca. 6 €); Seit 23. April 2014, geht das Ensemble des Globe 2 Jahre auf Abenteuer-Hamlet-Odyssee durch 205 Länder. Finale im April 2016 im Globe, 400 Jahre nach Shakespeares Tod. Startford. April: Shakespeare Birthday Celebrations & Parade;

Fotos: Elisabeth Stadlbauer