Ein Meer aus Rosa und Weiß, soweit das Auge reicht. Überall liegt der betörende Duft von Millionen Kirschblüten in der Luft. Unter uralten Bäumen breiten die Japaner ihre Picknickdecken aus. Denn das Betrachten der Kirschblüten, Hanami genannt, hat in Japan Tradition. Jedes Jahr im Frühling finden sich im ganzen Land Einheimische und Touristen zusammen, um die Schönheit der blühenden Kirschbäume zu bewundern und zu feiern.

Das Besondere an den japanischen Kirschbäumen ist, dass sie zwar keine essbaren Früchte, dafür aber besonders viele Blüten tragen. Wie ein farbenfroher Teppich überzieht die Kirschblüte nach und nach das ganze Land. Sie beginnt auf Okinawa im Süden oft bereits Mitte Januar und wandert dann langsam nach Nordosten, wo sie Anfang Mai auf Hokkaido zu Ende geht.

Neben den touristischen Zentren Tokyo, Kyoto, Osaka und Hiroshima, die alle ausgezeichnete Spots für Hanami sind, gibt es auch weniger stark frequentierte, genauso sehenswerte Orte, an denen man die blühenden Kirschbäume in ihrer vollen Pracht erleben kann. Und wer nicht genug von der japanischen Kirschblüte bekommen kann, hat sogar die Möglichkeit, ihr hinterher zu reisen.

Zur frühen Kirschblüte nach Okinawa

Wenn der Winter Deutschland noch fest im Griff hat, blühen auf Japans südlichster Insel Okinawa schon die ersten Kirschbäume. Wer möchte, kann auf Hanami also mit dem ersten Strandspaziergang des Jahres verbinden. Von Mitte Januar bis Mitte Februar sprießen kräftige rosafarbene Blüten vor einer herrlichen Kulisse aus grünen Bergen und blauem Himmel. Die Blütenblätter der auf Okinawa beheimateten Kanhi-zakura-Kirschbäume sind deutlich dunkler gefärbt als die auf den japanischen Hauptinseln. Ein absolutes Highlight ist es, den berühmten „Blütentunnel“ aus rund 4.000 Kirschbäumen auf dem Weg von Motobu zum Berg Yae zu durchfahren.

Hanami mit Picknick und Dinosauriern

Auf Kyushu herrscht eher subtropisches Klima vor, sodass auch die Kirschbäume entsprechend früh, meist ab Ende März, in voller Blüte stehen. Ganz im Norden der Insel liegt die Stadt Fukuoka mit ihrer berühmten Burgruine, auf deren Gelände mehr als 1.000 Kirschbäume stehen. Kein Wunder, dass sie unter Einheimischen ein beliebtes Ziel für das traditionelle Hanami-Picknick ist. Der Sakurajima Dinosaur Park in Kagoshima wird ebenfalls jedes Frühjahr zum Anziehungspunkt. Die riesigen Figuren der Urwelttiere vor dem Hintergrund der über 100 blühenden Kirschbäume sind ein beliebtes Fotomotiv für Kinder und Dinosaurierfans.

Gartenkunst und Blütenberg auf Shikoku

In Takamatsu auf Japans kleinster Hauptinsel Shikoku befindet sich der berühmte Ritsurin-Park, der die Schönheit der japanischen Landschaft und höchste Gartenkunst miteinander vereint. Daher gilt er auch als japanischer Nationalschatz – nicht nur wegen der malerischen Pavillons, Teiche und Brücken, sondern auch der zahllosen Kirschbäume wegen, die ab Ende März/Anfang April in voller Blüte stehen. Auf Shikoku befindet sich außerdem einer der berühmtesten Hanami-Plätze des Landes: die Hänge des Berges Yoshino, die mit mehr als 30.000 Kirschbäumen etwa 200 verschiedener Sorten bepflanzt sind. Während die Blüte in den unteren Hanglagen bereits Ende März einsetzt, öffnen sich die Knospen in den höheren Lagen erst Mitte April. So bietet die Region um Yoshino eine ungewöhnlich lange Zeit einen farbenprächtigen Anblick. Wer will, schwebt mit der Seilbahn auf den Gipfel und genießt das Panorama.

Hängende Bäume und Kirschblüten-Eis

In der Region Tohoku liegt die Stadt Sendai auf einem schmalen Landstreifen zwischen Bergen und Pazifik. Der dortige Tsutsujigaoka Park ist bekannt für seine alten, hängenden Kirschbäume, die mit ein wenig Fantasie an den Haarschmuck von Maikos und Geishas erinnern. Unter Einheimischen ist der Park Mitte/Ende April ein beliebter Ort für rauschende Hanami-Feste. Wem es nicht genügt, die Kirschblüten nur anzuschauen und sich deren lieblichen Duft in die Nase steigen zu lassen, fährt in den Mikamine Park und lässt sich dort ein Kirschblüten-Eis unter einem der blühenden Bäume schmecken.

Zur späten Blüte in den Norden Japans

Anfang Mai ist die Kirschblüte dann schließlich auch ganz im Norden angelangt. Die in der Aomori Präfektur gelegene Burg Hirosaki zählt zu den wenigen unzerstörten Burgen des Landes. 2.600 Kirschbäume, von Blüten bedeckte Burggräben, Ruderboote zum Mieten, jede Menge Picknickplätze und die Abendbeleuchtung der Bäume sind genug Gründe, um das Kirschblütenfest genau dort zu feiern. Sowohl die Wallanlagen als auch die Uferpartien des seit 1895 für die Öffentlichkeit zugänglichen Parks sind mit den prachtvollen Bäumen gesäumt.

Geheimtipp: Kirschblütenzauber auch im Herbst

In Japan gibt es einen Kirschbaum, der auch im Herbst blüht. Shiki-zakura, „Kirschbaum der vier Jahreszeiten“, nennen Japaner diese Sorte. In dem Ort Senmicho in der Präfektur Aichi befinden sich gleich 1.200 Kirschbäume dieser Art und bieten einen spektakulären Anblick im Kontrast mit den herbstlichen Farben der Ahorn- und Ginkobäume. Und wer sich danach immer noch nicht sattgesehen hat, beginnt die Reise auf Okinawa einfach von vorne.

Über den aktuellen Verlauf der Blüte, auch „Kirschblütenfront“ genannt, informiert die folgende Website.

Quelle/Fotos: Japan National Tourism Organization (JNTO)