Sieben Mahlzeiten pro Tag – kein Wunder, dass in Thailand so viel und so frisch gekocht wird wie in kaum einem anderen Land der Welt. Ein Einblick in die Thai-Küche mit Grundzutaten und Rezepten.

Die Thai-Küche ist eine sehr vielfältige und subtile Küche, die voraussetzt, dass man mutig mit Gewürzen umgeht und dennoch ein wenig Feingefühl beim Abschmecken besitzt. Schon ein kleines bisschen zu viel einer Zutat kann das Gericht ruinieren. Gleichzeitig gibt es in Thailand aber auch viele Gerichte, die ganz simpel und einfach sind.

Süß, sauer-scharf und salzig sind die Geschmacksrichtungen, die man in beinahe jedem Gericht der Thai-Küche findet – wobei scharf offiziell natürlich nicht zu den Geschmacksrichtungen zählt. So ist ein Salat beispielsweise meistens sehr sauer durch Limettensaft oder Reisessig, würzig-salzig durch Fisch, Austern oder Sojasauce und leicht süßlich durch die Zugabe von Palmzucker. Schärfe kann variabel eingesetzt werden durch Chili, Ingwer, Galgant oder Pfeffer. Wer ein Thai-Gericht zubereitet, sollte also beim Abschmecken immer mit diesen Geschmacksdimensionen spielen, bis eine wundervolle Harmonie entstanden ist.

Um sich mit der authentischen Thai-Küche zu befassen, bedarf es einiger Zutaten, die in unserer Küche nicht alltäglich sind. Die zahlreichen Gewürze und Kräuter bekommen wir in Europa meist in Asialäden oder im Internet. Teuer eingeflogenes Gemüse aus Asien ist hingegen kein Muss. Als Koch darf und soll man sich die Freiheit nehmen, Rezepte auch zu verändern und andere Zutaten einzusetzen, die gerade besser verfügbar sind. Also Mut zu regionalem und saisonalem Gemüse aus der Heimat.

Thais nehmen am Tag 7 Mahlzeiten zu sich

In Thailand scheint sich alles nur ums Essen zu drehen. Zu jeder Tageszeit, sogar mitten in der Nacht findet man zahlreiche Garküchen, die ihre Köstlichkeiten anbieten. Der Tag beginnt meist mit einer sanften Suppe, mit Reis oder Gemüse vom Vortag, erwärmt in einer leichten Hühnerbrühe. Anstatt zu fragen, wie es jemandem gehe, stellen Thailänder die Frage, ob man schon gegessen habe. Falls nein, wird es höchste Zeit, sich gemeinsam zu einem Stand aufzumachen und sich eine Kleinigkeit zu holen. Denn wer in Thailand am Tag nicht mindestens sieben Mahlzeiten zu sich genommen hat, der hat noch nicht gegessen.

Eine Handvoll Spießchen mit scharfer Sauce, eine aufgeschnittene grüne Mango mit Chilizucker oder im Bananenblatt gedämpfter Klebreis mit Pandanblatt und Obstfüllung gehören dazu. Zum Mittagessen werden oft, auf Plastikhockern sitzend, schnelle Gerichte aus dem Wok mit Jasminreis verzehrt. Nachmittags erfreut man sich an „Khanom“, süßen Teilchen aus Tapioka, Reis oder gebackenem Teig, meist ergänzt mit frischem Obst.

Den ganzen Tag über gibt es verschiedene Suppen, meist mit Huhn oder Fisch, seltener mit Rind. Eines haben alle Suppen gemeinsam: Sie köcheln den ganzen Tag vor sich hin und werden immer intensiver. Als Einlage gibt es zahlreiche Kleinigkeiten wie Klößchen, Nudeln aus Reis oder Weizen, gekochten Reis, Fleisch und Gemüse sowie frittierten Knoblauch und Röstzwiebeln. Würzen darf sich jeder Gast seine Suppe selbst. Auf den Tischen stehen Reisessig, Fischsauce, Sojasauce und frische sowie getrocknete Chilis.

Am Abend schließlich kommen Familie und Freunde zusammen, um miteinander „Sanuk“ zu genießen, was so viel wie Lebensfreude bedeutet. Viele verschiedene Gerichte werden zubereitet oder bestellt, gleichzeitig in der Mitte des Tisches aufgereiht und mit reichlich Reis gegessen. Oft wird ausgelassen und fröhlich gefeiert, gegessen und getrunken. Denn Essen mit der Familie ist für Thais das Wichtigste überhaupt – so scheint es zumindest.

8 Grundzutaten der thailändischen Küche

Wer noch nie thailändisch gekocht hat, sollte sich mit den wichtigsten Zutaten und Grundprodukten der Thai-Küche vertraut machen. Man bekommt alles in einem gut ausgestatteten Asialaden oder bequem übers Internet. Mittlerweile gibt es viele Zutaten auch im Supermarkt oder im Discounter. Allerdings sind viele von ihnen geschmacklose Imitate, die nichts mit der authentischen Thai-Küche zu tun haben.

1. Fischsauce ist ein Würzmittel, das in beinahe jedem Thai-Rezept vorkommt. Eingesalzener Fisch wird bis zu 24 Monate in verschlossenen Fässern fermentiert, dann die daraus entstandene Flüssigkeit mit karamellisiertem Zucker versetzt und mit Wasser verdünnt. Speisesalz wird in Thailand kaum verwendet. Vegetarier können jedoch auf Salz oder ab und an auf Sojasauce zurückgreifen, die allerdings nicht bei jedem Gericht als gleichwertiger Ersatz funktioniert.

2. Austernsauce wird ähnlich, jedoch aus eingekochtem Austernextrakt hergestellt. Sie ist dickflüssig und würzig-süß und wird vorwiegend für Wokgerichte oder Marinaden verwendet. Es gibt eine vegetarische Alternative, die aus gekochten Shiitakepilzen besteht. Sie schmeckt nahezu identisch.

3. Knoblauch in allen Varianten ist eine der wichtigsten Zutaten der Thai-Küche. In Thailand wird meist eine kleinere, mildere Sorte als in Europa verwendet. Man hat also die Wahl, je nachdem, wie intensiv das Gericht nach Knoblauch schmecken soll.

4. Rote Schalotten werden meist für Pasten oder als würziges Gemüse für Salate verwendet. Schalotten sind um einiges milder als Zwiebeln und können daher in größeren Mengen roh verzehrt werden. In der Thai-Küche werden Schalotten zusammen Knoblauch oft in Öl goldgelb angebraten und verleihen dem Gericht ein herrliches Aroma. Besonders praktisch: Gerösteten Knoblauch und geröstete Schalotten kann man sogar fertig im Asialaden kaufen.

5. Es gibt drei Kategorien von Currypasten: Grüne Currypaste ist die schärfste von allen und wird für Hähnchen und Seafood-Gerichte verwendet. Rote Currypaste passt am besten zu Schweinefleisch oder dunklem Fleisch wie Ente oder Rind. Sie ist um einiges milder und aromatischer als die grüne Paste. Wer es angenehm mild mag, benutzt gelbe Currypaste, die ganz wenig Chilis enthält, dafür viele Gewürze. Die gelbe Farbe entsteht durch frische Kurkumawurzeln. Generell sind grüne Chilis schärfer als die roten. Je kleiner die Chilischote ist, umso feuriger ist sie auch.

6. Um intensive Aromen abzumildern, wird oft Palmzucker an ein Gericht gegeben. Den gibt es in Form von Blöcken zum Reiben, als Paste oder zum Streuen. Es gibt verschiedene Arten von Palmzucker. Am hochwertigsten ist der Kokosblütenzucker. Er wird aus dem Saft der Kokosblütenstände gewonnen, der karamellisiert wird. Palmzucker hat meist einen leicht salzigen und kräftigen Geschmack. Das liegt am salzhaltigen Boden, auf dem die Palmen in der Nähe des Meers im Süden Thailands wachsen.

7. Limettensaft bildet in Kombination mit Fischsauce die Basis aller Salatsaucen. Currys verleiht die kurz vor dem Servieren hinzugefügte Säure von Limettensaft eine unglaubliche Frische und Raffinesse. Bei Thai-Suppen, die meist sauer und scharf gegessen werden, ist Limettensaft nicht wegzudenken.

8. Anstatt in Dosen oder Tetra-Paks gibt es Kokosmilch in Thailand frisch auf Bestellung. Hierzulande sollte man thailändische Kokosmilch aus dem Asialaden verwenden. Sie wurde homogenisiert und hat dadurch eine cremige Konsistenz. Das Kokosfett, das sich an der Oberfläche absetzt, kommt häufig zum Anbraten von Pasten oder zum Bepinseln von Fleisch während des Grillens zum Einsatz

Ben Kindlers Kochbuch „Bangkok Original Streetfood“

Nach zwölf Jahren Sterneküche gründete Ben Kindler 2010 seine Kochschule in Freiburg im Breisgau. Als Asien- und Orientfan hatte er in Thailand eine Zusatzausbildung zum Thai Chef absolviert. Sein drittes Kochbuch Bangkok Original Streetfood konzentriert sich auf die Streetfood-Küche der thailändischen Metropole und erzählt von seinen Streifzügen über Märkte und Garküchen, Straßen und Reisfelder in und um die Stadt. Seit fast zwanzig Jahren steckt der kreative Koch und Genussphilosoph seine Nase in die Kochtöpfe der Garküchen Bangkoks, probiert, tüftelt, lernt und genießt. Wie sehr er die thailändische Esskultur und insbesondere die Streetfood-Küche feiert, zeigen die ausdrucksstarken Aufnahmen des Fotografen Joss Andres.

Rezept für geschmorte Schweinerippchen mit Pfeffer und Sternanis

Zart geschmortes Schweinefleisch, kombiniert mit der süßlichen Würze des Sternanis und der leichten Schärfe von Pfeffer, ist so unglaublich lecker, dass man es auf jeden Fall probieren sollte. Wichtig ist, dass man beim Metzger schöne Rippchen mit etwas Fett und viel Fleisch dran bekommt. Zu den Rippchen passen am besten ein knackiger Salat und eine Portion gebratenen Reis.

Vorbereitung: 20 Minuten – Garzeit: 60 bis 80 Minuten

Zutaten für 2 Personen

  • 2 kg Schweinerippchen
  • 6 EL Kokosblütenzucker
  • 8 EL Fischsauce
  • 8 EL Austernsauce
  • 1 TL schwarze Pfefferkörner
  • 2 Stück Sternanis
  • 4 Knoblauchzehen
  • 2 EL Korianderwurzeln oder -stiele
  • 1 große Prise Salz
  • Erdnussöl
  • Fischsauce

Zubereitung

  1. Die Schweinerippchen mit dem Messer in einzelne Rippchen schneiden. Den Kokosblütenzucker mit Fischsauce und Austernsauce verrühren und die Rippchen damit marinieren.
  2. Die Pfefferkörner und den Sternanis in einer Pfanne ohne Fett anrösten, bis es knistert und gut duftet, dann im Mörser zu einem feinen Pulver zerstoßen. Den Knoblauch grob, Korianderwurzeln oder -stiele fein hacken und beides zusammen mit dem Salz zum Gewürzpulver in den Mörser geben und zu einer geschmeidigen Paste zerstoßen.
  3. In einem großen Topf den Boden mit Erdnussöl bedecken, sanft erhitzen und die Paste darin langsam anrösten. Die Schweinerippchen mit der Marinade hinzugeben, einmal gut umrühren und mit Wasser auffüllen, bis die Rippchen gut bedeckt sind. Einmal auf- kochen und bei schwacher Hitze 60 bis 80 Minuten sanft garen. Je nachdem wie viel Fleisch an den Rippchen ist, kann die Garzeit etwas variieren. Sie sollten zart sein und das Fleisch sich leicht vom Knochen lösen.
  4. Die Rippchen herausnehmen und warm halten, die Sauce sämig einköcheln lassen. Die Rippchen wieder in die Sauce geben und damit glasieren. Mit Fischsauce abschmecken.

Rezept für Mango Sticky Rice – Kaho Niao Mamunag

Diese süße Nascherei ist bei Touristen sehr beliebt. Gedämpfter Klebreis wird mit süßer Kokosmilch verrührt und mit frischer Mango serviert. Der Erfolg des Desserts hängt ganz besonders von der Qualität der Mango ab. Wichtig ist auch das Pandanblatt. Das breite, etwa einen Meter lange Blatt, das sein süßliches Aroma an Reis und Kokosmilch abgibt, ist bei diesem Gericht sehr wichtig. Es ist frisch oder gefroren im Asialaden erhältlich.

Einweichen: 4 Stunden – Zubereitung: 40 Minuten

Zutaten für 2 Personen

  • 150 g Klebreis
  • 2 Pandanblätter
  • 200 ml Kokosmilch
  • 1 EL Zucker oder Kokosblütenzucker
  • 1 große Prise Salz
  • 1 reife Mango
  • 2 EL Mungbohnen als Topping

Zubereitung

  1. Den Reis mindestens 4 Stunden in kaltem Wasser einweichen. Das Wasser abgießen und den Reis mit einem Pandanblatt in einem Sieb oder einem mit einem Tuch ausgelegten Bambuskorb über einem Topf mit reichlich Wasser etwa 20 Minuten sanft dämpfen. Im Dampfgarer oder Reiskocher geht das natürlich auch.
  • Für die Sauce die Kokosmilch mit dem Zucker und dem zweiten Pandanblatt aufkochen, salzen und etwa 10 Minuten sanft köcheln lassen. Die Hälfte der Kokosmilch unter den Reis rühren. Die andere Hälfte dickflüssig einkochen lassen.
  • Die Mango schälen, das Fleisch vom Stein lösen und in grobe Würfel schneiden. Die Mungbohnen in einer Pfanne ohne Fett bei schwacher Hitze sanft anrösten.
  • Den Reis auf einen Teller geben und die Mango darauf anrichten. Die Kokosmilch großzügig darüber verteilen. Zuletzt mit gerösteten Mungbohnen bestreuen.

Tipp: Nam Dok Mai ist eine thailändische Mangosorte mit einem außergewöhnlich süßen Geschmack und ein wenig Säure, die es bei uns nur in Asialäden zu kaufen gibt. Beim Einkauf sollte man in jedem Fall darauf achten, dass die Mango reif ist. Dies erkennt man durch leichten Druck auf die Schale. Gibt sie nach, ist die Mango reif. Außerdem duften reife Mangos sehr blumig. Unreife Mangos sind hart und haben keinen Geruch.

Infos zum Buch

Bangkok Original Streetfood
Ben Kindler
AT Verlag, Zürich
Hardcover, 240 Seiten
Preis: 30 Euro
ISBN 978-3-03902-052-2

Fotos: Rezepte und Markt in Bangkok © Joss-Andres, Agentur für angewandten Salat; Ben Kindler © Baschi Bender; Buchcover © AT Verlag