„Schlaganfälle gelten als die Epidemie des 21. Jahrhunderts”, begründet Prof. Raad Shakir, Präsident der World Federation of Neurology (WFN), warum der diesjährige World Brain Day unter dem Motto „Schlaganfall ist ein Gehirninfarkt – wirksam vorbeugen und behandeln” steht.
Der Welttag des Gehirns wurde von der WFN 2014 ins Leben gerufen und ist jedes Jahr einem anderen Thema gewidmet. Das Datum für diesen Welttag wurde nicht zufällig gewählt: Die WFN wurde am 22. Juli 1957 gegründet. „Wir wollen mit dieser Initiative dazu beitragen, die Zahl der durch Schlaganfall verursachten Todesfälle und Behinderungen zu reduzieren”, so Prof. Shakir.
Weltweit alle zwei Sekunden ein Schlaganfall. 16 bis 17 Millionen Menschen jährlich erleiden weltweit einen Schlaganfall, für nahezu sechs Millionen endet er tödlich. Damit verlieren jedes Jahr mehr Menschen durch Schlaganfälle ihr Leben als durch AIDS, Tuberkulose und Malaria zusammengenommen. „Jeder zehnte Todesfall wird von einem Schlaganfall verursacht – damit ist der Hirninfarkt weltweit die zweithäufigste Todesursache bei Menschen über 60 und zudem auch eine sehr häufige Ursache für dauerhafte und in vielen Fällen schwere Behinderungen”, fasst Prof. Shakir zusammen. Angesichts der wachsenden Bedeutung hat auch die Weltgesundheitsorganisation ihre Sicht auf die Krankheit geändert und in der International Classification of Diseases (ICD) neu definiert. „Die Kategorisierung von Schlaganfällen im ICD-10 war widersprüchlich und nicht mehr aktuell“, erklärt Prof. Bo Norrving, Vorsitzender des Global Policy Committees der World Stroke Organisation. „Schlaganfall war in die Kategorie der ‚Herz-Kreislauferkrankungen‘ eingereiht, transitorische ischämische Attacken wurden den Krankheiten des Nervensystems zugeordnet.“ In der neuesten Version, dem ICD-11, der im kommenden Jahr von der World Health Assembly beschlossen werden soll, wird die gesamte Gruppe der Empfehlung einer beratenden Expertengruppe folgend nun unter die neurologischen Erkrankungen subsummiert.
10 Risikofaktoren für 90 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich. Ein großer Teil aller Schlaganfälle wäre vermeidbar. Das zumindest legen Daten der INTERSTROKE-Studie nahe. „Zehn beeinflussbare Risikofaktoren sind weltweit für 91 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich“, betont Prof. Michael Brainin, President Elect der WSO. „Das sind Bluthochdruck, Bewegungsmangel, ungünstige Blutfettwerte, Ernährung, das Verhältnis von Taillen- und Hüftumfang, psychosoziale Faktoren, Rauchen, Alkohol, kardiale Erkrankungen und Diabetes.“ Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine Auswertung der Schlaganfall-bezogenen Daten aus der Global Burden of Disease Study mit Zahlen aus 188 Ländern, wobei diese, ebenso wie andere aktuelle Arbeiten, auch den Risikofaktor Luftverschmutzung belegt.
Schlaganfälle rechtzeitig erkennen rettet Leben. „Neben der Vorbeugung müssen wir auch das Bewusstsein für das Erkennen und richtige Verhalten im Akutfall steigern”, weist der Vorsitzende des Public Awareness Committee der WFN, Prof. Mohammad Wasay auf ein weiteres Ziel des World Brain Days hin. Experten gehen davon aus, dass annähernd 70 Prozent der Patienten sogenannte transitorische ischämische Attacken, also vorübergehende Durchblutungsstörungen des Gehirns, und selbst leichte Schlaganfälle nicht erkennen. Selbst wenn Symptome erkennbar werden, zögert fast jeder Dritte, sofort ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Die Zeit zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Behandlung zu reduzieren, ist ein zentraler Faktor zur Verbesserung der Behandlungschancen und kann vielen Betroffenen ein Leben mit schwersten Behinderungen ersparen”, betont Prof. Wasay. Um auch medizinischen Laien das Erkennen der sehr unterschiedlichen und oftmals diffusen Symptome zu erleichtern, erinnern WFN und WSO an einen einfachen Leitfaden, mit dem sich der Verdacht auf einen Schlaganfall leicht abklären lässt. Alles was Laien wissen müssen, lässt sich in dem Begriff FAST, also dem englischen Wort für „schnell“, zusammenfassen:
• F wie Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lachen! Hängt der Mundwinkel auf einer Seite herab?
• A wie Arm: Bitten Sie die Person, beide Arme zu heben! Ist ein Arm gelähmt und sinkt nach unten?
• S wie Sprache: Bitten Sie die Person, einen einfachen Satz zu wiederholen! Sind die Worte undeutlich? Kann sie den Satz korrekt wiederholen oder hat sie Schwierigkeiten ihn zu verstehen?
• T wie Time (Zeit): Wenn eines der oben genannten Symptome auftritt, ist Zeit ein wichtiger Faktor. Rufen Sie sofort die Rettung und fahren Sie ins Krankenhaus.
PLUS: Unterschiedlich große Puppillen können ein Zeichen für Blutdruckprobleme sein. Auch ein bevorstehender Schlaganfall kann sich dadurch andeuten. (Notärzte achten deshalb bei Schlaganfallverdacht auch auf die Pupillen).
Fotos: WFN