Betty B. über Kunst des erfolgreichen Wünschens …
Aufwachen, es wünschelt wieder! Luxus, Erfolg im Beruf, Gesundheit und ganz viel Liebe… Oder sind Sie wunschlos glücklich? Nur keine falsche Bescheidenheit bitte, denn irgendwann geht jeder Wunsch in Erfüllung.
Ich hatte exakt drei, so gegen 0 Uhr 2017. In bester Champagnerlaune, eh klar! Eine gesunde Mischung aus Vorsatz, Wunschtraum und Sehnsucht – närrisches Zeug für andere, für mich eine Frage von (glücklich) Sein oder Nichtsein. Wunsch Nr. 1? Erraten: Endlich doch noch Abspecken! Jetzt: Vier Kilo sind weg! Ein persönlicher Erdrutschsieg, denn kein Gegner ist so heimtückisch wie MEIN innerer Schweinehund. Nichts gegen einen Lottosechser, aber die Freude über ein Wunschziel, für den man sich ins Zeug legen musste, ist ungleich größer. Für die Zukunft und die nächsten vier Kilo steht mein Grundatz: Wer sich nichts wünscht, bekommt auch nichts!
Lieber Gott, bitte…
… mach, dass meine tieftraurige Freundin doch noch schwanger wird! Wunsch Nr. 2. Jedes Mittel ist recht, wenn es um unerfülllten Kinderwunsch geht, vom inbrünstigen Gebet bis zum Reagenzglas. Heute ist sie dank In-vitro und Mutter Natur – nach vielem Flennen doch noch in Gönnerlaune – im sechsten Monat schwanger und ich bald Patentante. Wünschende geben die Hoffnung eben nie auf. Das gilt auch für meinen Wunschdauerbrenner, die Nr. 3: Er, der Richtige, der nur mich glücklich machen will. Hier fehlt das Hakerl auf der Liste zwar noch, aber bis es soweit ist, genieße ich meine Sehnsüchte, zu prickelnd um wahr zu sein. Der unerfüllte Wunsch nährt die Phantasie am besten, oder frei nach Marcel Proust:„Wie zauberhaft sind die Dinge, die uns nicht gehören, denn sie strahlen so viel vom Himmel wieder.“
Zuviel Glück nervt!
Und doch ist es so: Kaum ist ein Traum erfüllt, jagt einen der nächste. Der Weg zum Ziel ist dank Fortschritt & Wohlstand immer kürzer, Wünschen mit Turbo eben. Unwissenheit muss nicht mehr durch das Anrufen eines Orakels kompensiert werden. Seit wir wissen, dass Blitze doch keine Pfeile der Götter sind, treten die irdischen Wunscherfüller in Scharen auf den Plan. Ewige Jugend? Kein Problem. Auf in den OP! Ein kleines Häuschen im Grünen? Mit etwas Sparefrohsinn und einem guten Finanzberater keine Hexerei, so es nicht der Buckingham Palace sein muss. Mit dem Rad über die Chinesische Mauer, Robinson spielen auf einer einsamen Insel… Why not? Letzte Hoffnung für besonders hartnäckige Fälle: Die Talkshow. Jeder Wunsch, von der oberflächlichen Begehrlichkeit bis zum echten Herzensanliegen wird hier zum Volksinteresse gemacht. Glückwunsch! Sie sehen Ihre Urstrumpftante nach 20 Jahren Trennung wieder, werden auf Madonna gestylt (wie peinlich!) oder dürfen Ihren Exliebhaber zur Sau machen. Herz, was willst Du mehr! Und warum sind wir dann nicht glücklicher? Und wollen lieber unsere Träume zurück? Es gibt wohl doch zwei große Tragödien im Leben: Die eine, nicht zu bekommen, was das Herz wünscht, die andere, es zu bekommen.
Lust auf mehr
Doch was nützt die Einsicht. Wir können das Wünschen nicht lassen, es ist so alltäglich wie Zähneputzen. Deepak Chopra meint zu wissen, dass wir an die 50.000 Gedanken pro Tag haben, und ich wette, mehr als die Hälfte davon sind Wünsche. Und so war es folglich auch gelogen, dass ich für 2000 nur drei Wünsche hatte. Ich war auch bei der Olympiade in Sydney und heulte bei jeder Siegerehrung vor völkerverbindender Glückseligkeit. Das neue Auto gibt es dafür erst 2018. Und frei nach den Beatles „There is nothing you can do, that can’t be done“ habe ich ein altes Pianino gekauft. Gestimmt ist es schon, bloss spielen kann ich noch nicht. Aber spätestens mit 70 wird es soweit sein …
Der einfache Wunsch
Jetzt wollen Sie wissen, wie ich es schaffe, eine efolgreich Wünschende zu sein. Ganz einfach: Ich bleibe zumindest mit einem Bein am Boden! Kurz: Wer sich nicht selbst überschätzt, hat beste Aussichten, erfolgreich zu wünschen. Aber genau da hapert es. Heute lässt sich fast jeder Wunsch erfüllen, Allmachtsgefühle stellen sich ein. Wir wissen genau, was wir alles wollen, aber immer weniger warum. Wenn es etwas „Höheres“ gibt, dann brauchen wir es nicht, denn es hat herzlich wenig mit dem zu tun, was auf der Wunschliste steht… Keine Angst, die Moralpredigt ist schon wieder vorbei. Aber glauben Sie mir, die Besinnung auf den „einfachen Wunsch“ – ein voller Magen, ein Dach über dem Kopf – kann das Selbstbild eines Übersättigten rasch mal zurechtrücken. Probieren Sie es!
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