Geschlossene Sportvereine, Frustessen im Homeoffice und Wegfall von Arbeitswegen: Der pandemiebedingte Lockdown hat bei vielen zu Bewegungsmangel und Gewichtszunahme geführt. Für Menschen, die an Diabetes Typ 1 oder 2 erkrankt sind, wirkt sich dieser ungesunde Lebensstil negativ auf den Glukosespiegel aus. Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) geben Tipps, wie man ohne großen Aufwand mehr Bewegung in den Alltag bringt.

Sitzunterbrechungen senken Glukosewert

Zahlreiche Untersuchungen belegen die Wichtigkeit kurzzeitiger Sitzunterbrechungen. So verbesserte Stehen und leichtes Gehen den 24-Stunden-Glukosespiegel und die Insulinsensitivität bei Personen mit Typ-2-Diabetes in größerem Maße als ein strukturiertes Training. „Interessanterweise lässt sich besonders bei adipösen Menschen schon durch kurzzeitige bewegte Sitzunterbrechungen der Glukosewert nach einer Mahlzeit senken“, erläutert Kress. „Dafür reicht ein Spaziergang um den Block.“ 

Jeden Tag eine kleine Portion Bewegung ist ideal

Denn es gibt keinen Schwellenwert für den positiven Effekt körperlicher Aktivität. „Jede Aktivität ist besser als keine, und der Nutzen von nichts machen hin zu ein bisschen Bewegung ist der größte“, bringt Kress aktuelle Forschungsergebnisse auf den Punkt. In diesem Sinne zählt buchstäblich jeder Schritt. „Täglich 15 Minuten Laufen ohne Schnaufen ist ein guter Einstieg, um die Gesundheit zu fördern und Fett zu verbrennen“, erläutert der DDG-Experte. „Jeden Tag eine kleine Portion Bewegung verhindert, dass der Körper in den Energiesparmodus fährt.“ 

Neue CGM-Geräte zeigen Effekt von Bewegung in Echtzeit an

Einsteigern empfiehlt der Diabetologe, mit 2.500 Schritten zu starten, am nächsten Tag auf 5.000 Schritte zu erhöhen und sukzessive auf 10.000 Schritte täglich zu steigern. Kress rät, dabei auf die motivierende Kraft von Schrittzählern zu setzen, die einen bis zu 2.000 Schritte mehr gehen lassen: „Neu ist, dass Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) fallende Glukosewerte bei Bewegung in Echtzeit zeigen – das wirkt sich sehr positiv auf die Motivation und den Blutzuckerspiegel aus, wie wir wissen.“ 

Wandern ist wieder „in“

Wer sich allein schwer tut und Tiere mag, kann sich einen Hund zulegen. Untersuchungen zeigen, dass Hundebesitzer mindestens 30 Minuten mehr körperliche Aktivität in der Woche im Vergleich zu Nicht-Hundespaziergängern erzielen. „Andere wiederum haben in Covidzeiten das Wandern mit Familie, Freunden oder Partner neu entdeckt“, berichtet Kress. Gesundheitswandern trainiert neben der Ausdauerfitness je nach Untergrund zusätzlich Gleichgewicht und Bewegungskoordination – eine sehr gute Kombination. „Nordic Walking ist unter Pandemiebedingungen ebenfalls eine geeignete sportliche Aktivität, auch für Menschen mit Gehbehinderung“, fügt der DDG-Experte hinzu. 

Homeoffice: Mit dem Pedaldesk am Schreibtisch trainieren

Darüber hinaus kann man auch im Homeoffice Sport mit Arbeit verbinden. „Dies gelingt, indem man ein Deskbike oder einen Pedaltrainer unter den Schreibtisch stellt“, rät Kress. Mit der Kombination von Gehpausen und Fahrradfahren auf einem Pedaldesk über drei Monate konnten zuvor inaktive Büroangestellte das viszerale Fettgewebe und den Blutzucker im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich reduzieren, wie eine Studie zeigt. Im Übrigen gilt: Jede Gelegenheit zur Bewegung nutzen – morgens auf einem Bein stehend Zähne putzen, eine Haltestelle früher aussteigen, auf Mäh- oder Saug-Roboter verzichten. 

Mehr Bewegung – aber auch gesunde Ernährung

Um Übergewicht vorzubeugen, ist aber auch der Staat gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger zu schaffen – und dies umfasst die Lebensfelder Bewegung und Ernährung gleichermaßen. „Wir fordern daher den Ausbau sicherer Geh- und Radwege sowie täglich eine verpflichtende Stunde Bewegung in der Schule ebenso wie eine Mehrwertsteuerbefreiung für gesunde Lebensmittel bei gleichzeitiger Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für ungesunde Produkte“, sagt DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer.

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