Für Biologen und Ärzte verbirgt sich hinter der Abkürzung „Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats“ die Aussicht auf einen revolutionären wissenschaftlichen Durchbruch für Anwendungen in der Medizin und Humangenetik.
CRISPR beschreibt bestimmte Abschnitte sich wiederholender DNA-Stücke im Erbgut von Bakterien. Bei Infektion mit Phagen (Viren) ist es den Bakterien mit deren Hilfe möglich, Teile der viralen Fremd-DNA in ihre eigene DNA zu integrieren – und zwar zwischen die CRISPR-Regionen als sogenannte „Spacer“-Sequenzen.
Der eingegliederte DNA-Teil funktioniert wie ein Fahndungsfoto. Sobald Viren mit dieser DNA das Bakterium erneut angreifen, erkennen die Bakterienzellen die exogene (aus dem Äußeren eines Systems heraus nach innen wirkende) DNA und können sofort den gewünschten Schutz aufbauen. So werden die Bakterienzellen gegen die Viren immun. Zu diesem Zweck gesellt sich zur CRISPR-DNA das Enzym „Cas9“. Der zusam-mengesetzte Komplex aus beiden ist für die Gentechniker nun interessant, denn er funktioniert wie ein Legobaustein-Finder und eine Schere zugleich: Die Geningenieure bestücken den CRISPR/Cas9-Enzymkomplex mit einer Sequenz, die genau komple-mentär zu der gewünschten DNA-Zielsequenz ist. Dieser Gesamt- Komplex findet dann die gewünschte Zielsequenz in der DNA und schneidet diese genau dort auf. Daraufhin lässt sich eine beliebige neue Gensequenz einbauen oder eine alte entfernen.
So phantastisch so gut? Oder gefährlich? Die Möglichkeiten werfen bei Bioethikern kritische Fragen auf, die der Physiker und Philosoph Lars Jaeger in seinem Essay „Kampf um CRISPR – eine technologische Revolution zwischen wissenschaftlichem Erkenntnisdrang und kapitalistischer Verwertungslogik“ analysiert. Die Medizin träumt davon, dank CRISPR Erbkrankheiten oder AIDS, Diabetes und Krebs behandeln zu können. Doch wie ist eine Technologie, die in der Lage ist, ganze Spezies zu verändern, zu werten? Wollen wir gentechnisch optimierte Menschen? Lars Jaeger, 1969 in Heidelberg geboren, studierte Physik, Mathematik, Philosophie und Geschichte an der Universität Bonn und an der École Polytechnique in Paris. In seinen Büchern und Artikeln konzentriert er sich auf die Themen Investment und Naturwissenschaft. Sein neuestes Buch „Supermacht Wissenschaft“ erscheint im August 2017 beim Gütersloher Verlagshaus. Die Suche nach Antworten ist ebenso komplex wie das Thema an sich.
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