Verkehrsunfälle sind eine häufige Ursache für schwere Gesichtsverletzungen. Besonders Fahrrad- und Motorradunfälle treten in der warmen Jahreszeit verstärkt auf. Auch die Zahl der E-Scooterunfälle ist in den Sommermonaten besonders hoch: So lag diese nach Angaben des ADAC zwischen Juli und September 2020 in Deutschland bei 901 Unfällen, 145 der Betroffenen waren schwer verletzt. Zwischen Januar und März 2020 kam es hingegen lediglich zu 252 Personenschäden.

Was tun bei Gesichtsverletzungen?

Wenn das Gesicht nach einem schweren Unfall stark betroffen ist, sollten Patienten laut Experten der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG) innerhalb von acht bis 24 Stunden nach der Notfallversorgung in eine Klinik mit einer spezialisierten Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie verlegt werden. Sobald die Patienten außer Lebensgefahr sind, sollte nach Empfehlung der DGMKG die Rekonstruktion stark verletzter Gesichtsteile erfolgen.

Schwerstverletzte Patienten sollten nach einem Unfall möglichst frühzeitig operiert werden, um bestmögliche Überlebenschancen zu haben und Folgeschäden möglichst gering zu halten. „Schwere Verletzungen der Kiefer, Augenhöhlen, Jochbeine oder anderer Teile des knöchernen Schädels sollten dabei möglichst von Spezialisten für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie therapiert werden“, betont Universitätsprofessor Dr. med. Dr. med. dent. Nils-Claudius Gellrich, Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). „Durch die enge Nachbarschaft wichtiger motorischer Nerven sowie des Hirnschädels, der Halswirbelsäule und der Atemwege können bereits kleinste Fehler in der Operation schwere Konsequenzen für das spätere Leben zur Folge haben.“ Zudem könne eine fehlende oder mangelnde Behandlung zu dauerhaften Fehlfunktionen des Gesichts wie Doppelbildsehen, Bissstörungen und Gelenkbeschwerden führen. Auch Asymmetrien des Gesichts könnten eine Folge einer unsachgemäßen Operation sein. 

Individuelle Implantate dank virtueller Planung

Wenn der erste – möglicherweise lebensrettende – Eingriff erfolgt ist, geht es bei der wiederherstellenden Gesichtschirurgie darum, Körperteile, die durch einen Unfall zerstört wurden, wie beispielsweise Schädel- oder Kieferknochen, möglichst exakt zu ersetzen. Dank modernster bildgebender Verfahren können solche Eingriffe sehr zielgerichtet präoperativ geplant werden. „Wir können patientenspezifische Implantate mittels virtueller Planung exakt vorbereiten und virtuelle Blaupausen für die Operation erstellen“, betont Gellrich. „Die Rekonstruktion eines verletzten Gesichtsteils ist so mittlerweile oft mit nur einem Eingriff möglich. Früher mussten Patienten dafür häufig mehrfach operiert werden.“ Auch die Operationszeit verkürzt sich durch die modernen Planungstechniken häufig.

Zudem sind die Ergebnisse viel besser: Die Implantate werden ganz gezielt auf den jeweiligen Patienten angepasst, so dass das Gesicht anatomisch und funktionell meistens vollständig wiederhergestellt werden kann. Vorteile bietet die moderne Technik den Patienten auch noch nach der Operation: So erfolgt die Qualitätskontrolle nach dem Eingriff mittlerweile auch computergestützt. „Auf diese Weise können die behandelnden Ärzte sehr exakt überprüfen, inwieweit das Operationsziel tatsächlich erreicht wurde“, erklärt Gellrich.

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