Eltern kaufen extra Bio-Produkte, um ihren Kindern etwas Gutes zu tun, andere kaufen probiotische Drinks, um sich einen Gesundheitsnutzen zu sichern … und dann packen manche Hersteller nichts anderes in ihre Ware als eine Extra-Portion Zucker!? Hier wird das Vertrauen der Konsumenten ausgenützt. Immer noch! Trotz mehr Wissen, Information und Kontrollmöglichkeiten von Seiten der Konsumenten. Offenbar noch immer nicht genug!
Aus diesem Grund ist der deutschen Verbraucherschutz-Organisation Foodwatch zu danken, die alljährlich in einem breit angelegten Voting die „dreistesten Werbelügen des Jahres“ aufspürt und diese mit dem „Goldenen Windbeutel 2019“ „kürt“. Der 1. Platz geht 2019 an Zwergenwiese: 53 Prozent der fast 70.000 Verbraucher wählten die „Kinder-Tomatensauce“ des Bio-Herstellers zur „dreistesten Werbelüge des Jahres“. „Das ist in der Geschichte des ‚Windbeutels‘ das eindeutigste Abstimmungsergebnis, das es jemals gab“, teilt Foodwatch mit.
Mehr als doppelt so viel Zucker wie in der Erwachsenen-Version
Die für Kinder beworbene Tomatensauce enthält mehr als doppelt so viel Zucker – dabei empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass Saucen für Kinder gar keinen zugesetzten Zucker enthalten sollten. Zwergenwiese hatte sein Produkt nach der Nominierung damit verteidigt, dass „kein zugesetzter Kristallzucker“, sondern Apfeldicksaft enthalten sei. Die WHO aber definiert auch Zucker aus Fruchtsaftkonzentraten als freien bzw. zugesetzten Zucker, dessen Konsum reduziert werden sollte. Dieser Zucker gehört zu den ‚freien Zuckerarten‘ und ist nicht anders einzuschätzen als kristalliner Rübenzucker. Einen Gesundheitswert oder relevanten Vorteil gegenüber Haushaltszucker hat er nicht. „Eltern kaufen Bio-Produkte, um ihren Kindern etwas Gutes zu tun – aber Zwergenwiese jubelt Kindern eine Extra-Portion Zucker unter und nutzt das Vertrauen der Eltern aus“, so Manuel Wiemann Wahlleiter beim „Goldenen Windbeutel 2019“.
Neben der Kinder-Tomatensauce waren vier weitere Produkte für den „Goldenen Windbeutel 2019“ nominiert. Fast 70.000 gültige Stimmen gingen im Wahlzeitraum seit dem 5. November ein. Das Getränk „Yakult“ landete mit 26,1 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Rang.
Das Gesundheitsversprechen „positiven Effekte auf die Darmgesundheit“ zu haben fanden 18.036 Konsumenten (26 Prozent) als besonders unglaubwürdig. Das Getränk auf der Basis von Wasser, Magermilch, Zucker soll mit einem speziellen Stamm von Milchsäurebakterien der Verdauung gut tun – der wissenschaftliche Beleg aber fehle, so die Kritik. D
Dahinter folgten weit abgeschlagen der Bio-Karottensaft von Hipp, die „Wasabi Erdnüsse“ von Rewe und der „Corny Protein Lower Carb“-Schokoriegel von Schwartau.
Das Wahlergebnis im Detail
1. Platz: „Kinder-Tomatensauce“ von Zwergenwiese (36.721 Stimmen, entspricht rund 53,2 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen)
2. Platz: Yakult Original von Yakult (18.036 Stimmen, 26,1 Prozent)
3. Platz: „100% Bio Direktsaft Karotte“ von Hipp (5133 Stimmen, 7,4 Prozent)
4. Platz: Wasabi Erdnüsse von Rewe Beste Wahl (4635, 6,7 Prozent)
5. Platz: „Corny Protein Lower Carb“ von Schwartau (4477, 6,5 Prozent)
Fotos: foodwatch/picture alliance/Udo Fischer; Titelbild (c) Bild von mohamed Hassan auf Pixabay