Viele Menschen, die an Blut- oder Krebserkrankungen leiden, weisen einen Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten) auf und sind deshalb auf Thrombozyten-Konzentrate angewiesen. Diese Konzentrate müssen innerhalb weniger Tage verbraucht werden, weil sie nicht gekühlt werden dürfen. Neue Methoden zur Pathogen-Inaktivierung könnten die Haltbarkeit jedoch verlängern. Auf der 52. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin (DGTI) stellen Experten die Ergebnisse neuer Studien vor, welche die Sicherheit dieser Verfahren untersuchen und von denen der Einsatz in Deutschland abhängt.
Blutplättchen, in der Fachsprache Thrombozyten genannt, dichten bei kleineren Verletzungen die Blutgefäße ab und spielen damit eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung und -stillung. Verschiedene Krankheiten wie beispielsweise Blutkrebs, aber auch moderne Krebstherapien können zu einem Mangel an Thrombozyten führen. Bei Verletzungen, aber auch spontan kann es dann zu lebensgefährlichen Blutungen kommen. „Um das zu verhindern, müssen betroffene Patienten regelmäßig mit Thrombozyten-Konzentraten transfundiert werden, deren Gewinnung sehr aufwändig ist“, sagt Professor Dr. med. Hermann Eichler, 1. Vorsitzender der DGTI.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 593.000 Thrombozyten-Konzentrate hergestellt. Etwa die Hälfte davon wurde mit einem sogenannten Apherese-Verfahren direkt aus dem Blut von Spendern isoliert; die andere Hälfte wurde aus Vollblutkonserven gewonnen. Blutplättchen sind sehr empfindlich. Anders als Vollblutspenden können sie nicht gekühlt gelagert werden. Wegen des dadurch erhöhten Risikos von bakteriellem Wachstum reduziert dies die Haltbarkeit auf nur fünf Tage. Thrombozyten-Konzentrate müssen deshalb rasch verbraucht und immer wieder nachproduziert werden. Aber nicht immer erreichen sie die Patienten rechtzeitig. „In Deutschland verfallen rund 15 Prozent der wertvollen Thrombozyten-Konzentrate entweder bei den Herstellern oder in den Kliniken“, berichtet Eichler, der auch Direktor des Instituts für Klinische Hämostaseologie und Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum des Saarlands in Homburg ist. Dies sei angesichts der Kosten von bis zu mehreren hundert Euro pro Thrombozyten-Konzentrat auch ein wirtschaftlicher Verlust, sagt er.
Neue Herstellungsverfahren sollen die Haltbarkeit der Thrombozyten-Konzentrate verlängern und damit die Verfügbarkeit erleichtern. Derzeit befinden sich zwei Verfahren (Mirasol und Theraflex) in der klinischen Entwicklung, ein Verfahren (Intercept) ist bereits für Blutspendedienste verfügbar. Allen ist gemein, dass bestimmte Bakterien, Einzeller und Viren unschädlich gemacht werden können, ohne dabei die Thrombozyten irreversibel zu schädigen. Man spricht dabei von einer sogenannten Pathogen-Inaktivierung. „Die Verfahren schädigen durch unterschiedliche Wirkmechanismen die Vermehrungsfähigkeit bzw. die Infektiosität möglicher Krankheitserreger, die dann keine Erkrankung oder Transfusionsnebenwirkung mehr auslösen können“, erläutert Eichler.
Die Pathogen-Inaktivierung ist bei Thrombozyten-Konzentraten besonders wichtig, weil sich in ihnen wegen der fehlenden Kühlung vorhandene Bakterien besonders rasch vermehren können. „Zwischenfälle sind zwar selten, da alle Spender sorgfältig befragt und auf Fieber und andere Infektionszeichen untersucht werden“, versichert Eichler. Im Einzelfall könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass ein Spender, bei dem einzelne Bakterien im Blut kreisen, hierdurch erkannt wird. Nach den Hämovigilanz-Berichten des Paul-Ehrlich-Instituts ist es in den Jahren 2013 bis 2015 zu insgesamt zehn septischen Reaktionen durch Thrombozyten-Konzentrate gekommen, von denen eine tödlich endete. „Alle Spender hatten unerkannte Blutinfektionen mit Bakterien. Diese Erreger gelangten in sehr niedriger Konzentration in die Blutspende, konnten sich aber in den wenigen Tagen bis zur Transfusion im Blutpräparat vermehren“, so der Experte.
Die Pathogen-Inaktivierung soll solche bereits sehr seltenen Zwischenfälle in Zukunft ganz verhindern. In Deutschland wird der breite Einsatz der neuen Verfahren auch von den Ergebnissen klinischer Studien abhängen, deren Ergebnisse auf der Jahrestagung der DGTI in Mannheim vorgestellt werden. Wir werden berichten.