Chronische Gastritis: Akne Bakterium als Krankheitsursache
Grazer Mikrobiomforschung mit Hans-Popper-Preis ausgezeichnet
Die chronische Gastritis – eine über einen längeren Zeitraum andauernde Entzündung der Magenschleimhaut – kann mehrere Krankheitsursachen haben. Eine Forschungsgruppe an der Medizinischen Universität Graz konnte nun den Pathomechanismus einer bis dato ungeklärten Form dieser Erkrankung entschlüsseln, bei der die Mikroorganismen im Magen eine entscheidende Rolle spielen. Die Erstautorin der aktuell im „Journal of Pathology“ veröffentlichten Publikation wurde kürzlich für ihre Forschungsergebnisse mit dem Hans-Popper-Preis der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie ausgezeichnet.
Lymphozytäre Gastritis: Klassisches Hautbakterium als Krankheitsursache. Es wird vermutet, dass in den westlichen Industrieländern bereits mehr als die Hälfte aller über 50-jährigen Menschen an einer chronischen Gastritis leidet, wobei sich die Symptome der Entzündung oft nur langsam entwickeln, bzw. sehr unspezifische Beschwerden auftreten, wie beispielsweise in Form von Völlegefühl, Übelkeit, Druckgefühl, Schmerzen im Oberbauch, Blähungen oder Durchfall. Auf Grund seiner Säureproduktion wurde der Magen lange Zeit als quasi-steriles Organ betrachtet. „Erst die Entdeckung von Helicobacter pylori als Erreger der chronischen Gastritis änderte diese Sicht schrittweise“, so Univ.-Prof. Dr. Gregor Gorkiewicz, Professor für Medizinische Mikrobiomforschung am Institut für Pathologie der Med Uni Graz. Die Methoden der modernen Mikrobiomforschung ermöglichen detaillierte Einblicke in das mikrobielle Ökosystem des Magens und dessen Beitrag zur Entstehung der chronischen Gastritis.
Im Rahmen ihrer Dissertation in der Forschungsgruppe von Gregor Gorkiewicz gelang es Ana Montalban-Arques den Pathomechanismus einer bis dato ungeklärten Form der chronischen Magenentzündung – die lymphozytäre Gastritis – zu entschlüsseln. Die junge Forscherin, die ihre Doktorarbeit im Rahmen des Doktoratskollegs MOLIN (Molecular Fundamentals of Inflammation) an der Med Uni Graz verfasst hat, erklärt: „Die lymphozytäre Gastritis ist eine chronische Magenentzündung. Bisher war der Auslöser dieser Erkrankung ungeklärt.“ Den Grazer WissenschafterInnen ist es im Rahmen einer Studie nun gelungen, das Propionibacterium acnes – ein klassisches Hautbakterium und Verursacher der Acne vulgaris – als Krankheitsursache, sowie den zu Grunde liegenden immunologischen Mechanismus der lymphozytären Gastritis zu identifizieren.
Bakterium aktiviert Immunabwehr und löst damit Entzündung aus. Das Propionibacterium acnes, welches auch im Verdauungstrakt zu finden ist, erzeugt selbst kurzkettige Fettsäuren, wie beispielsweise die Propionsäure. Dadurch verursacht das Bakterium aber gleichzeitig auch eine spezifische Aktivierung des NKG2D-Systems, ein angeborener Immunmechanismus, der beispielsweise auch bei Glutenunverträglichkeit involviert ist. „In weiterer Folge führt diese Aktivierung des NKG2D-Systems zur Rekrutierung zytotoxischer T-Zellen, welche dann das Gewebe des Magens angreifen“, fasst Gregor Gorkiewicz zusammen. Durch diesen Angriff der körpereigenen Abwehrzellen auf das Gewebe des Magens entsteht die chronische Entzündung der Magenschleimhaut.
Die WissenschafterInnen konnten in ihrer Arbeit aber auch zeigen, dass Helicobacter pylori das NKG2D-System spezifisch modulieren kann und damit eine Immunstimulation umgeht, also keine Aktivierung von T-Zellen erfolgt. Hier ergänzt der Wissenschafter wie folgt: „Das NKG2D-System ist ein wichtiges körpereigenes immunologisches System, welches der Entstehung von Tumoren entgegenwirkt.“ Helicobacter pylori gilt als der Hauptauslöser des Magenkarzinoms. Daher vermuten die ForscherInnen, dass die durch das Bakterium verursachte Umgehung des NKG2D-Systems die Entstehung von Magenkrebs begünstigt wird. Die Forschergruppe arbeitet bereits an der Klärung dieses Mechanismus und dem Beitrag des Magenmikrobioms zur
Magenkrebsentstehung. Weiters wird an der praktischen Umsetzung der Erkenntnisse zum Nutzen der Patienten gearbeitet.
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