125 Jahre Österreichisches Pharma- und Drogistenmuseum – 15 Jahre am Standort Währinger Straße 14
Die Entwicklung des Berufes „Drogist“ hat eine lebhafte Vergangenheit: Aus Quacksalbern und fahrenden Heilkünstlern, die ihre Waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf Jahrmärkten verkauften, entwickelte sich mit der Zeit ein geregelter Drogenhandel. Der Begriff „Droge“ war damals noch positiv besetzt. Aus den Drogenkleinhandlungen entstanden im Laufe der Zeit die Drogerien. Der Handel war damals rohstofforientiert gegliedert. Die Drogerie hatte in dieser Ordnung die Aufgabe, Drogen (= getrocknete Kräuter, pflanzliche Arzneimittel) und Chemikalien zu vertreiben. Industriell gefertigte Markenartikel gab es praktisch noch nicht. Die Drogisten wussten, aus welchen Grundsubstanzen gute und wirksame Produkte für Schönheit, Gesundheit und Haushaltspflege gemischt werden konnten. Kräutermischungen, Tinkturen, Salben, Zahnpasten, Franzbranntwein, Hautcremen, Bleichwasser, Schuh- und Bodenpaste, Fleckputzmittel etc. gehörten zu den Hausspezialitäten, die von den Drogisten selbst hergestellt wurden. Der Händler selbst garantierte mit seinem Namen für die Qualität seiner Ware. Auch Fotografie, Farben & Lacke, Pflanzenschutz, hatten in der Drogerie ihre Kinderstube. Drogisten sind übrigens die einzige Berufsgruppe Österreichs, die über die gesetzliche Erlaubnis verfügt, Gifte abzugeben.
Drogist: ein Beruf mit umfangreicher Ausbildung. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts etablierte sich die Drogerie als Fachgeschäft für Gesundheit, Schönheit und Wellness, wie wir sie heute kennen. Rund um die breite Warengruppe der Arzneimitteltees, Salben, Tinkturen etc. entstand ein großes Gesundheitssortiment, das neben pflanzlichen Arzneimitteln auch Reformwaren für gesunde Ernährung, Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte beinhaltet. Die Fachdrogerien bleiben aber auch Problemlöser für viele Warengruppen, wie Haushaltsbereich, Chemikalien, Pflanzenschutz, etc. Die breite Produktpalette lässt erkennen, wie umfangreich die Ausbildung des Drogisten ist. Das Personal der Fachdrogerie steht für qualifizierte Kundenberatung, die den Konsumenten hilft, sich in der Vielzahl der am Markt angebotenen Produkte zurechtzufinden.
Vor 15 Jahren ist das Österreichische Pharma- und Drogistenmuseum an seinen jetzigen Standort in der Währinger Straße 14, in das Zellhofer Stiftungshaus für Drogisten, übersiedelt.
Highlights im Drogistenmuseum. Es fällt schwer, sich bei den 10.000 Exponaten, die im Museum gezeigt werden, auf einige wenige zu beschränken. Hier der Versuch einer Auswahl:
Ägyptischer Mumienkopf. Holub war in seinem Todesjahr (1902) Ehrenmitglied des Vereins Angestellter Drogisten geworden und revanchierte sich vermutlich mit einigen Geschenken seiner großen Sammlung. Das wertvollste Geschenk ist einer der besterhaltenen ägyptischen Mumienköpfe! Unter welchen Umständen das geschah, ist ungeklärt. Den Autoren Robert Bouchal & Hagen Schaub (Buch ‚Mumienstadt Wien‘) wurde von dem international bekannten Mumienexperten Albert Zink bestätigt, dass es keinen Zweifel an der ägyptischen Herkunft gibt. Dieser Mumienkopf wurde hochversichert für 18 Monate nach Japan verliehen, wo er im Rahmen einer internationalen Hexenausstellung gezeigt wurde. Zur großen Freude aller Beteiligten ist dieser unversehrt zurückgekommen! Die Mumie steht uns heuer wieder – als besondere Attraktion – bei der Langen Nacht der Museen zur Verfügung.


Drachenblut (Foto Nr. 4b). Was so blutrünstig klingt, ist in Wahrheit der natürliche Harzextrakt der Regenwaldpflanze „Sangre de Grado“, übersetzt Drachenblut. Das Harz ist bereits seit 1600 Jahren bekannt und wird wegen seiner antioxidativen, desinfizierenden und blutstillenden Wirkung bei den Indianern in Südamerika im gesamten Amazonasgebiet geschätzt. Neue Forschungsergebnisse bestätigen das überlieferte Wissen.
Roter Farbstoff mit sechs Beinen (Foto Nr. 4f) Karmin aus der Cochenilleschildlaus wird als natürlicher roter Farbstoff gewonnen. Dieser wird in der Kosmetik, besonders bei Lippenstiften, aber auch als Lebensmittelfarbstoff und in der Textilindustrie eingesetzt.

Ei die Laus (Foto Nr. 4g) Kaum zu glauben, aber wahr: Aus den Ausscheidungen der Lackschildlaus wird Schellack gewonnen, der für die Herstellung von Möbelpolitur und Schallplatten verwendet wurde. Können Sie sich noch an die Radiosendung „Schellack, Schellack“ erinnern? Schellack ist in zahlreichen Anwendungen ein Vorläufer synthetischer Harze und behielt in einigen wenigen Einsatzgebieten seine Bedeutung. In der Farben- und Lackindustrie werden jährlich über 5000 Tonnen Farben auf Schellackbasis produziert. Hervorzuheben ist außerdem die Unbedenklichkeit in Nahrungsmitteln und Pharmazeutika.
Fotos: ZELLHOFER Stiftungshaus Foto Niki Lappas; Drogistenmuseum
