Sind Männer doch Platzhirsche und Frauen Zicken? Stimmcoach Cristina Muderlak sagt „Jein“ und erklärt im WELLNESS-TALK warum.

Die Liebe zwischen Mann und Frau ist gespickt mit Widersprüchlichkeiten. Wir können nicht ohne aber auch nicht wirklich miteinander. Oder doch? Sind wir nur Opfer unserer Klischees? Cristina Muderlak, Coach für Stimme und Kommunikation, Logopädin und Autorin entschlüsselte das Regelwerk zwischen Mann und Frau in ihrem kürzlich erschienen Buch „Eva talks, Adam walks“. Wir talkten mit ihr.

Frau Muderlak, auf die Frage „Gibt es klar zuzuordnende, für die Geschlechter typische Verhaltensweisen“ antworten Sie mit einem entschiedenen Jein. Wie erklären Sie das?

Cristina Muderlak: Das „Nein“ darin bezieht sich auf die in dieser Formulierung enthaltenen Abwertungen. Hier liegt eines der größten Hindernisse für ein konstruktives Miteinander und für das Weiterkommen von Frauen in der Wirtschaft: Wer über „das Andere“ den Kopf schüttelt und „die eigene Art“ für besser hält, schürt den Geschlechterkampf. Sätze wie „es wird Zeit, dass die weiblichen Werte sich durchsetzen“ oder „Frauen zerreden doch alles nur“ stärkt den Widerstand beim anderen Geschlecht. Ich habe früher selbst „dicht“ gemacht, wenn man mich mit „typisch Frau“ ins Abseits stellen wollte. Und ich erinnere mich nur zu gut, wie mein Bruder oder mein Mann aufbrausten, wenn ich augenrollend „typisch Mann“ sagte.

Das heißt, Widerstand tritt immer ein, wenn man sich unverstanden fühlt?
So ist es. Offenheit hingegen erntet der, der sieht, dass das Andersartige nicht nur ganz natürlich, sondern auch Bereicherung bzw. Ergänzung ist. Erst wenn wir Frauen neugierig werden, warum es Sinn macht, dass Männer sich behaupten wollen, und erst wenn Männer verstehen wollen, wofür es gut ist, dass Frauen empfindsamer sind, können beide miteinander kommunizieren, leben und arbeiten.

Und worin liegt das „Ja“ im „Jein“?
Ja, wir haben typische Verhaltensweisen. Sobald wir aufhören, diese als Hindernis zu verstehen, können wir diese Unterschiedlichkeit sogar nutzen. In der Masse der Frauen und Männer sind jeweils „klassische“ Verhaltens- und Kommunikationsmuster beobachtbar, die sich trotz Frauenbewegung, gewachsenen Bewusstseins und Bemühen um Gleichstellung wenig verändern. Immer noch reden Männer mehr über Fussball und Frauen über Beziehungsthemen. Immer noch erleben viele Frauen Gemeinsamkeit vor allem durch „ein gutes Gespräch“ während viele Männer sich im gemeinsamen schweigenden Tun einander besonders nahe fühlen. Welche Ausprägung diese „typischen Vorlieben“ bei den einzelnen Individuen hat, ist nicht unwesentlich durch Erziehung, kulturelle Umgebung und genetische Veranlagungen beeinflusst.

Was unterscheidet Mann und Frau in der Kommunikation nun tatsächlich?
Viel! So vieles, dass es locker ein ganzes Buch gefüllt hat! Lassen Sie mich daher beispielhaft zwei Elemente nennen. Unterschiedlich sind die Themen, über die Männer und Frauen bevorzugt reden. Während Frauen es lieben, sich stundenlang über andere Menschen, deren Befindlichkeiten und deren Verhaltensweisen auszutauschen, fachsimpeln Männer inbrünstig über sachliche Themen wie Politik, Auto, Sport, gerne auch über Karriere und berufliche Erfolge. Dabei sind Männer dann übrigens genauso beredt wie Frauen: Von wegen „ein Mann ein Wort, eine Frau ein Wörterbuch“! Missverständnisse entstehen oft dadurch, dass Männer bevorzugt Lösungen suchen, wo es Frauen wichtig ist, erst mal hinzuhören und zu erfahren, was Sache ist.

Nun etwas Persönliches … Haben Sie Wellness-Rituale, die Sie uns verraten möchten?
Oh ja. Da ich immer mehr Arbeit als Zeit dafür habe, haben Pausen für mich dieselbe Priorität wie ein Kundentermin. Geschoben wird nur, wenn es nicht anders geht. In diesen Pausen gilt es: Rechner zu. Handy weg. Sehen, Hören, Riechen, Fühlen. Durchatmen. Gern mit Bewegung und besonders gern an der frischen Luft. Dadurch komme ich innerlich zur Ruhe und damit zu den Kräften, die ich im Tun brauche. Dabei sinniere ich gern auch über das, was ich tue, wie und warum. Wenn etwas nicht passt, merke ich das in der Pause besser als im Tun selbst. Diese Pausen sind so nicht nur entspannend sondern auch „spannend“!

Sehen Sie sich rein theoretisch auch in anderen Berufen? Welche wären das?
Schöne Frage. Als junge Mutter sagte ich, dass ich in meinem nächsten Leben gern Hebamme werden würde. Geblieben ist mir die Faszination für die ersten Momente, Tage, Wochen im Leben eines Neugeborenen. Das Wunder des Lebens, das seinen sichtbaren Anfang nimmt. Nun, viele Jahre später, geht es mir mit dem Sterben ähnlich: Dieser Moment, in dem sich der Kreis schließt, wenn es wieder heißt, sich anzuvertrauen und los zu lassen, berührt mich sehr. Er macht mich dankbar und achtsam gegenüber dem Leben und dem was uns darin geschenkt wird. Gerade auch, weil diese Momente – Anfang und Ende nicht nur leicht und großartig sondern oft auch mit Ängsten und Krisen verbunden sind. Menschen und ihre betroffenen Angehörigen hier zu begleiten, könnte ich mir auch gut als Tätigkeit oder Beruf vorstellen.

Die Expertin

Cristina Muderlak ist zertif. Coach für Stimme und Kommunikation, psycholog. Organisationsberaterin, staatl. anerk. Logopädin; Projekte: Einzelcoaching für Stimme und Kommunikation, Gender Communication, Kommunikation im Business, Vorträge, Workshops, Intensiv-Trainings, Supervision für Coaches; www.muderlak.com

Foto: Mudelak, C KOLB 2015