Dr. med. Rupert Schulz verrät praktische Pflegetipps für beanspruchte Haut im Herbst und Winter.

WELLNESS: Warum und wie verändert sich die Haut bei einem Jahreszeitwechsel?

Dr. med. Rupert Schulz: Unsere Haut wird von einem Verbund aus Hornzellen und Talg vor Austrocknung geschützt. Bestimmte Aminosäuren, Lactat und Harnstoff wirken zudem als natürliche Feuchthaltefaktoren. Die geringe Luftfeuchtigkeit in der kalten Jahreszeit  hat zur Folge, dass die schützende Hornschicht brüchig wird und weniger Feuchthaltefaktoren bildet. Die extreme Kälte vermindert zudem die Aktivität der Talgdrüsen, sodass ein deutlich dünnerer Fettfilm die Haut schützt. Darüber hinaus kommt es zu einem Zusammenziehen der Blutgefäße (Vasokonstriktion), wodurch die Haut weniger mit Nährstoffen versorgt wird und blass wirkt. In stark beheizten Räumen führt warme und trockene Heizungsluft zu gesteigerter Verdunstung, was die Austrocknung der Haut noch weiter fördert.

Welche Hautbeschwerden sind im Winter typisch?

Aufgrund der fehlenden Talgdrüsen in den Lippen bemerken wir die Austrocknung dort am ehesten. Neben spröde werdenden Lippen und rissigen Mundwickeln verändern sich auch andere Hautpartien, die der Witterung schutzlos ausgesetzt sind. Typisch sind Spannungsgefühle, Juckreiz, Rötungen und gegebenenfalls auch Schuppung an Gesicht und Händen. 

Wieso ist die Haut im Winter so sensibel?

Die geringe Stoffwechselaktivität und die geschwächte Hautschutzbarriere machen die Haut verletzlicher und empfindlicher gegenüber Umwelteinflüssen. Das gilt für alle exponierten Körperteile, aber besonders für die Gesichtshaut.

Was hilft bei trockener Haut und Trockenheitsekzemen?

Um trockener Haut keine Chance zu geben, sollten Sie beim Abwaschen, Duschen oder Baden auf zu heißes Wasser verzichten. Auch kräftiges Rubbeln mit dem Handtuch oder der Gebrauch aggressiver Seifen können die Austrocknung und Entstehung von Trockenheitsekzemen begünstigen. Vorteilhafter ist eine milde Reinigung mit hydrophilen Körperölen, fettenden Badezusätzen sowie die tägliche Benutzung rückfettender Cremes.

Welche Inhaltsstoffe sind besonders wichtig bei der Hautpflege im Winter? 

Bei der Pflege der trockenen Winterhaut sind vor allem feuchtigkeitsbindende Inhaltsstoffe gefragt. Dazu gehören bewährte Klassiker wie Lactat, Glycerin oder Harnstoff – auch als Urea bekannt. Insbesondere bei der Hautpflege von Händen, Füßen, Knie- und Ellenbogengelenken ist ein erhöhter Fettanteil ratsam. Fettreiche Produkte wie Linolsäure, Sheabutter oder Arganöl haben sich als gut verträglich und hilfreich erwiesen.

Aber Vorsicht: Eine schuppende Gesichtshaut im Winter kann auch andere Ursachen haben. Beim sogenannten „Seborrhoischen Ekzem“ zum Beispiel sind nämlich der Überschuss an Talg sowie die damit verbundene mikrobielle Besiedlung der Haut verantwortlich für eine chronische Entzündung. Die resultierende Schuppung erweckt häufig den Eindruck, die Haut sei zu trocken. Werden fettreiche Produkte angewendet, führt das allerdings zu einer Verschlimmerung der Beschwerden, nicht zur Verbesserung. Wer sich nicht sicher ist, sollte lieber einen Kosmetiker oder Dermatologen um Rat fragen.

Wie kann ich gereizte Winterhaut beruhigen?

Neben der richtigen Pflegeroutine gibt es einige Alltagstipps, die helfen können,  strapazierte Winterhaut zu beruhigen. Ein Luftbefeuchter in der Wohnung beispielsweise kann die Gefahr von Austrocknung reduzieren. Weiterhin empfiehlt es sich auch im Winter, viel zu trinken und auf die richtige Ernährung zu achten. Sonnenblumenkerne, Leinsamen und Avocados gelten nicht ohne Grund als Superfoods. Auch Chiasamen mit ihren essenziellen Omega-3-Fettsäuren können zu einem gesunden Hautbild beitragen.

Wie stelle ich fest, dass meine Haut überpflegt ist?

Der exzessive Gebrauch von Pflegeprodukten oder kortisonhaltigen Salben führt im Gesicht dazu, dass die schützende Hornschicht der Epidermis aufquillt. Die Hautbarriere wird geschwächt und Flüssigkeit geht verloren. Als Folge kann es zu einer Entzündung der Haut kommen. Vor allem um die Mundpartie herum entstehen dann rote Knötchen, Pusteln und flächige Rötungen. Man spricht von perioraler Dermatitis, Mundrose oder – etwas veraltet – Stewardessen-Dermatitis. Der wichtigste und schwierigste Schritt, um die Haut dann wieder ins Gleichgewicht zu bringen, ist die Entwöhnung der Haut von der übermäßigen Pflege. Das heißt: Kosmetika müssen abgesetzt und auf den Einsatz weiterer Chemikalien sowie parfümierter Waschmittel und Raumsprays verzichtet werden.

Wie kann ich trockenen Lippen entgegenwirken?

In der Lippenhaut befinden sich weder Talg- noch Schweißdrüsen und ihre Hornschicht ist extrem dünn. Sie ist daher besonders anfällig und trocknet im Winter schnell aus. Eine spröde, verletzliche und spannende Hautoberfläche ist das Resultat. Oftmals wird dieser Zustand durch reflexartiges Befeuchten der Lippen verstärkt. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, ist eine intensive Pflege mit feuchtigkeitsspendenden und entzündungshemmenden Cremes erforderlich. Bewährte Wirkstoffe sind zumBeispiel Lanolin oder Vaseline. Auch Bienenhonig besitzt natürlicherweise beruhigende Eigenschaften und kann Abhilfe verschaffen. Die Anwendung sollte mehrmals täglich erfolgen. Verzichten Sie lieber auf Produkte mit Farb- und Konservierungsstoffes.

Und wie pflege ich meine Hände im Winter am besten?

Beim Händewaschen mit seifenhaltigen Reinigungsmitteln zerstören wir den Oberflächenfilm unserer Haut. Die schützenden Lipide und Milchsäuren werden abgetragen und die Barrierefunktion der Haut geschwächt. Bei Kälte kommt hinzu, dass die Haut deutlich länger braucht, um sich zu regenerieren und ihre Schutzbarriere wiederherzustellen. Ekzeme, also Entzündungen der Haut, sind die Folge. Um dem entgegenzuwirken, kann auf ölhaltige, leicht saure Reinigungsmittel umgestellt werden. Darüber hinaus ist es ratsam, die strapazierte Haut an den Händen regelmäßig mit lipophilen Cremes oder Salben zu versorgen. Tatsächlich gilt hier: Mehr ist mehr.

Was ist bei öliger Haut im Winter zu beachten?

Die gute Nachricht ist: Ölige Haut ist im Winter weniger empfindlich gegenüber Temperaturwechseln, trockener Luft oder Sonnenstrahlung. Der Talgfluss kann jedoch auch zum Problem werden. Um dem Feuchtigkeitsverlust durch trockene Heizungsluft entgegenzuwirken wird Sebum gebildet. Diese Reaktion kann bei Menschen mit fettiger Haut über das Ziel hinausschießen und zur Entstehung von Komedonen (Mitessern) und Pickeln führen.
Um das Gleichgewicht der Haut wiederherzustellen, bedarf es einer intensiven Feuchtigkeitspflege in Form kühlender Gele, Cremegele oder Fluide mit geringem Ölanteil. Inhaltsstoffe wie PCA, Allantoin oder Gluconsäure haben sich als sehr wirksam erwiesen. Um überschüssigen Talg, abgestorbene Hautschüppchen und Verunreinigungen durch Feinstaub oder Make-up zu entfernen, eignen sich Reinigungsgele und -schäume mit talgabsorbierenden Stoffen. Dazu gehört zum Beispiel die Tonerde oder Kaolin. Niedrig konzentrierte Peelingsubstanzen und bestimmte Tenside können ebenfalls zum Einsatz kommen.

Benötige ich auch im Winter einen Sonnenschutz?

Aus dermatologischer Sicht ein klares Ja. Auch wenn die Tage kürzer sind, hat die Sonne ausreichend Kraft, um die Haut zu schädigen. Der Himmel ist zwar oft grau, aber UV-Strahlung durchdringt selbst dicke Wolkenfelder. Hinzu kommt, dass die Synthese des schützenden Pigments Melanin im Winter gedrosselt ist. Unbedeckte Hautpartien sollten daher bei längeren Aufenthalten im Freien mit Sonnencreme geschützt werden. Ein hoher Lichtschutzfaktor ist entscheidend. Bei trockener Haut ist zudem ein erhöhter Fettanteil hilfreich. Bei fettiger und zu Akne neigenden Haut sollten lieber nicht-komedogene und ölfreie Gel-Cremes zum Einsatz kommen.

Sind Peelings im Winter tatsächlich tabu?

Hierbei kommt es auf den Hauttyp an. Bei trockener Haut sollten Sie im Winter möglichst auf Peelings verzichten. Bei Mischhaut oder einem seborrhoischen Hauttyp sind wöchentliche Peelings durchaus erlaubt. Es reicht jedoch, das Produkt sanft und in kreisenden Bewegungen zu verreiben. Von aggressivem „Schrubben“ ist unbedingt abzuraten. Peelings mit Milch- oder Glycolsäure gelten als wirksam und besonders schonend.

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Quelle: Dr. med. Rupert Schulz/Hello Body 
Foto: Pixabay.com/Nika_Akin