Frauen spielen in der Weinbaugeschichte der Thermenregion damals wie heute eine große und wichtige Rolle. Neben der Funktion als Gastgeberinnen bei den beliebten Heurigen des niederösterreichischen Weinbaugebiets, sind bei vielen Weingütern Frauen auch für das Keltern der Weine verantwortlich.
Für einige Winzerinnen hat ihr Beruf noch immer Erklärungsbedarf bei ihren Kunden, für die Nachwuchswinzerinnen gilt dies nicht mehr: „Wir haben 2014 mit unserem eigenen Weingut gestartet. Anfangs waren viele Kunden skeptisch, weil wir so jung waren. Mittlerweile haben wir einen echten Fanclub“, erzählen „Die Schwertführerinnen“ Kerstin und Sigrid aus Sooss.
Ein wichtiges Thema für alle Frauen im Weinbusiness ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Der Weltfrauentag ist eine gute Gelegenheit die Arbeit unserer Winzerinnen und Heurigenwirtinnen hervorzuheben“ so Britta Döring vom Weinforum Thermenregion. Sie verweist auf die vielen Frauen in den Weinbaubetrieben, die nicht nur hinter den Kulissen wertvolle Arbeit für die Wein- und Heurigenkulturlandschaft der Region leisten, sondern auch prämierte Weine keltern.
Die Beweggründe, um den Beruf der Winzerin zu erlernen sind oft sehr unterschiedlich. „Bei mir waren es die unglaublich vielen Möglichkeiten Ideen umzusetzen und der Kontakt zu interessanten Leuten beim Heurigen und bei Weinpräsentationen“, beschreibt Birgit Pferschy-Seper aus Mödling ihre Motivation.
Bei Kerstin und Sigrid Schwertführer aus Sooss stand schon im Freundschaftsbuch „Traumberuf: Winzerin“: „Unsere Eltern und Großeltern haben uns das Winzerleben vorgelebt. Es ist schön zu tüfteln und etwas Eigenes auf die Beine zu stellen“, betont Kerstin Schwertführer, die seit 2014 gemeinsam mit ihrer Schwester Sigrid das Weingut „Die Schwertführerinnen“ betreibt.
Traumberuf Winzerin: Motivation für den Weinbau
Christine Schachl aus Bad Vöslau ist durch die Heirat mit einem Winzer zum Wein gekommen: „Ich liebe die abwechslungsreiche Arbeit im Weingarten und Keller und bei unserem Heurigen.“ Sie unterstützt mittlerweile am Weingut ihre Tochter, indem sie sich um die Enkelkinder kümmert.
Die Jungwinzerin und ehemalige österreichischen Weinkönigin, Julia Herzog vom Weingut Herzog & Brunnengassenheurigen (Bad Vöslau), möchte die vinophile Familientradition weiterführen und Weine nach ihrem Geschmack keltern. „Im Betrieb meiner Eltern habe ich immer nur die Arbeit gesehen. Vor allem meine Praktika in In- und Ausland haben mir gezeigt, wie interessant die Arbeit einer Winzerin ist und ich habe dabei Menschen getroffen, die mich für das Thema Wein begeistert haben“, erzählt Gaby Schlager vom Weingut Schlager, für die es wichtig ist, sich stetig weiterzubilden und die gerne in Fachliteratur schmökert.
Multitasking: Winzerin, Heurigenwirtin, Mutter und Büroarbeit
Zwischen Weingarten, Keller, Heurigenküche und Büroarbeit kommt oft die Zeit mit der Familie zu kurz: „Unsere Kinder kommen einfach zu uns in den Keller oder in den Weingarten. Beim Heurigen sind sie zu Stoßzeiten eine große Hilfe“, betont Gaby Schlager vom Weingut Schlager.
Bei Bio-Winzerin Birgit Pferschy-Seper ist das Weingut bereits seit 4. Generationen fest in weiblicher Hand: „Ab und an ist es eine echte logistische Meisterleistung alles unter einen Hut zu bringen. Anderseits ist es auch ein Vorteil, dass die Kinder in vielen Bereichen mit von der Partie sein können“. Mit Tochter Anna Seper ist bereits die nächste Winzerinnengeneration in Mödling am Werk. „Natürlich plagt jede Mutter auch das schlechte Gewissen, wenn man zum x-ten Mal sagt, dass man jetzt keine Zeit hat“, verrät Christine Schachl, die als Oma die Prioritäten anders setzen kann und die Tage mit ihren Enkelkindern genießt, während Tochter Alexandra im Weingarten und Keller arbeitet.
„Viele glauben noch immer, dass unser Beruf mit viel Kraftaufwand verbunden ist, und dass eine Frau das nicht stemmen kann. Dabei stehen für mich die sensorischen Fähigkeiten einer Winzerin im Vordergrund“, betont Gaby Schlager. „Auf Weinmessen passiert es mir nach wie vor, dass ich nicht als Winzerin, sondern als Gattin des Winzers gesehen werde“, schmunzelt Birgit Pferschy-Seper, die an ihrem Beruf gleichermaßen die Ruhe in der Natur genießt als auch den Kontakt mit weininteressierten Menschen.
Für Winzerin Julia Herzog steht die sinnhafte Tätigkeit und das Spüren des Jahresrhythmus im Vordergrund: „Als Winzerin bin ich von Anfang bis zum Ende dabei, vom Auspflanzen der Weingärten bis zur Übergabe der fertigen Flasche Wein an den Kunden. Da schließt sich der Kreis.“ Die Winzerinnen der Thermenregion schätzen den abwechslungsreichen Alltag sowie das Genussvolle und Produktive an ihrem Beruf. Auf welchen Bereich der Arbeit die meisten unisono gerne verzichten würden, ist die Büroarbeit.
Für die nächste Winzerinnengeneration wünscht sich Julia Herzog: wenig Angst, viel Vertrauen und einen guten Gaumen. Christine Schachl möchte eine Portion Verrücktheit und den Glauben an Träume und Ideen. Gaby Schlagers Botschaft an die nächste Generation: viel Freude am Beruf und viel Stärke. Birgit Pferschy-Seper hofft auf eine Reduktion des bürokratischen Aufwandes und die Schwertführerinnen wünschen sich noch mehr Frauenpower in der Thermenregion.
Frauenpower erleben: Ab-Hof-Verkauf & Heurigen-to-go geöffnet!
Aktuell sind die Winzerinnen der Thermenregion voll im Einsatz: Viele der Heurigen bieten ihre Schmankerln zum Mitnehmen an: Abholheurigen, Schachterlheurigen oder „Heurigen-to-go“. Und der Ab-Hof-Verkauf hat regulär geöffnet. Hier beraten die Winzerinnen gerne bei der Weinauswahl.
Kontaktloser Einkauf ist möglich: Bestellungen werden gerne auch telefonisch, via-E-Mail oder via Webshop entgegengenommen. Die Weine werden auf Wunsch zugestellt oder auf dem Postweg versandt. „Viele unserer Gäste verbinden ihren Ausflug in die Thermenregion und den Wienerwald mit einem Besuch bei unseren WinzerInnen, um die privaten Weinvorräte aufzufüllen“, betont Britta Döring vom Weinforum Thermenregion.
Fotos: Adrian Almasan, Bernhard Wolff