Adolf Loos feiert am 10. Dezember 2020 seinen 150. Geburtstag und Tschechien feiert mit. Begeben Sie sich mit uns auf Spurensuche des berühmten Architekten durch Pilsen, Prag und seine Heimatstadt Brünn.
Adolf Loos (1870-1933) gilt als einer der bedeutendsten mitteleuropäischen Architekten des 20. Jahrhunderts. Ende der 1920er und zu Beginn der 1930er Jahre verweilte er häufig in der westböhmischen Stadt Pilsen. In dieser Zeit realisierte er insgesamt 13 Wohnungsinterieure und den Umbau des Brummel-Hauses. Fachleute zählen diese nicht nur zu den größten architektonischen Schätzen der Stadt Pilsen, sondern auch der gesamten europäischen Architektur des 20. Jahrhunderts. Seine Verbundenheit mit der Stadt kommt auch daher, da seine dritte Ehefrau aus Pilsen stammte. Seine Spuren finden sich aber nicht nur hier …
Minimalistische Moderne vom Beginn des 20. Jahrhunderts
Wer sich auf die Spuren von Adolf Loos in Pilsen aufmachen möchte, hat drei kommentierte Besichtigungsstrecken zur Auswah. Zu entdecken gibt es die ehemalige Wohnung des Ehepaars Kraus, den Salon und Speiseraum in der Wohnung von Dr. Vogl, das geräumige Zweigenerationen-Appartement im Brummel-Haus oder einen Teil der Residenz Semler.
1. Wohnungen der Familien Kraus und Vogl
Die architektonische Exkursion beginnt in der ehemaligen Wohnung der Familie Kraus in der Bendova 10. Dort finden Besucher einen wunderschönen Salon mit Mahagoni-Decke und Spiegelwänden, die den Raum optisch vergrößern. Die mit dunkelgrünem, gemustertem Marmor verkleideten Zimmer wirken fast schon magisch. Danach machen Sie sich mit dem Guide in die knapp 400 Meter entfernte Vogl-Villa in der Klatovská 12 auf, wo Sie zwei Zimmer besichtigen, die von der ursprünglichen Wohnung von Dr. Josef Vogl erhalten geblieben sind.
2. Brummel-Haus
Die zweite Führung stellt Ihnen das geräumige Zwei-Generationen-Appartement im Brummel-Haus in der Husova 58 vor. Das Haus ist teilweise original möbliert und zählt zu den schönsten Projekten von Adolf Loos in Pilsen. Der Architekt entwarf den Umbau und adaptierte das gesamte Gebäude zu einem modernen, zweckmäßigen Wohnraum. Die Besichtigung beginnt in der Halle, die nach Vorlage des Goethehauses in Weimar konzipiert ist.
3. Residenz Semler
Obwohl Loos für seine Bauwerke berühmt wurde, deren Inneres nach dem sogenannten Raumplan angeordnet sind, finden Sie in Pilsen dieses Konzept nur in dieser einen Villa (Klatovská 110). Die Interieure entwarf der Schüler und Mitarbeiter von Loos, Heinrich Kulka, und das wahrscheinlich auf Grundlage des Konzeptes von Loos. Zu sehen gibt es den repräsentativen Teil der Wohnung, der aus geräumiger Wohnhalle, Umkleideraum, Speiseraum und Küche besteht. Ein Großteil des Interieurs ist im Originalzustand erhalten geblieben, ein Teil davon wurde rekonstruiert.
Adolf Loos in der tschechischen Hauptstadt Prag
Auf den ersten Blick sieht die im Jahr 1930 fertiggestellte Villa Müller (auch Loos Villa genannt) wie ein schlichter Würfel aus. Betritt man jedoch das Gebäude, so findet man sich in einem der schönsten Interieure von Prag wieder. vDie dynamische Gliederung nach Loos revolutionärem Raumplanungskonzept, exklusiven Materialien sowie das einzigartige, vom Architekten selbst entworfene Mobiliar – all dies macht einen Besuch dieser Villa zu einem Sinneserlebnis par excellence.
Adolf Loos gab dem Gebäude nicht nur die typischen Merkmale des Funktionalismus, sondern auch seine ganz persönliche Note: Er teilte das Interieur nicht in einzelne Stockwerke auf, sondern ließ die Räume auf mehreren Ebenen fließend ineinander übergehen.
Das letzte Bauwerk, das Loos verwirklichen konnte, ist die 1932 in Prag-Smichov errichtete Villa Winternitz für den Anwalt Josef und seine Frau Jenny Winternitz. Wie auch in der Villa Müller wurde hier die für Loos charakteristische Art der Raumteilung angewendet. In einer Zeit, in der Gebäude unter der Last von Stuck und Verzierungen beinahe zusammenbrachen, blieb Loos seiner Philosophie treu: „Die Architektur gehört nicht unter die Künste. Nur ein ganz kleiner Teil der Architektur gehört der Kunst an: das Grabmal und das Denkmal.“
Der Architekt in seiner Geburtsstadt Brünn
Adolf Loos wurde im Dezember 1870 in Brünn als Sohn eines Steinmetzes und Bildhauers geboren. Sein Abitur legte er auf der Deutschen Staatsgewerbeschule in Brünn ab. Das Architekturstudium absolvierte er dann in der Wiener Akademie für angewandte Kunst. Nach weiteren lehrreichen Stationen kehrte er in den Jahren 1923 und 1924 in seine Geburtsstadt zurück, wo er Vorträge hielt, sich mit der hiesigen Architekturgemeinde traf und für die Zeitschrift „Wohnungskultur“ schrieb.
Das bedeutendste von ihm entworfene Interieur ist das Bauer-Schlösschen. Es wurde Anfang des 19. Jahrhunderts erbaut. Der Reisende, Anwalt und begeisterte Anthropologe Viktor Bauer bewegte sich in Kreisen der Wiener Modernisten, wo er auch den Architekten Adolf Loos kennenlernte. Um das Jahr 1925 bat er ihn um die Gestaltung seiner Brünner Villa. Dessen Speisesaal, verkleidet mit Cipollin-Marmor und verziert mit einer figürlichen Stuckleiste (die Schlafzimmereinrichtung ist teilweise erhalten), ist das einzige öffentlich zugängliche, erhaltene Werk des Architekten in seiner Heimatstadt.
Zum 150. Geburtsjubiläum wurde an Loos Geburtsort in der Kounicova-Straße ein neues Denkmal des Architekten Adolf Loos vom Bildhauer Oldřich Morys und dem Architekten Jaroslav Sedlák installiert. Die Konzeption basiert auf Loos Grabstein basiert, der wiederum nach seinem eigenen Entwurf gefertigt wurde und auf dem Wiener Zentralfriedhof zu finden ist.
Informationen und Broschüren zu Adolf Loos in Tschechien können kostenlos bei CzechTourism unter der Tel. 01/89 202 99 oder per Mail unter wien@czechtourism.com angefordert werden.
Fotos: CzechTourism, Villa Winternitz