Die Salzburgerin Pamela Obermaier ist unseren Leser:innen als Gastautorin bereits bestens bekannt. Als Potenzialentwicklerin erarbeitet sie mit ihren Kund:innen passende Erfolgsstrategien. Grund genug, um sie zum Interview rund ums Thema „Erfolg“ zu bitten.

WELLNESS: Was sind die wichtigsten Skills, um beruflich erfolgreich zu sein?

Pamela Obermaier: Die Basis bildet die Fähigkeit, sich selbst in seinem Können und Wissen richtig einzuschätzen. Denn wer nicht weiß, worin er tatsächlich richtig gut ist, der läuft Gefahr, etwas zu versprechen, das er dann nicht halten kann – und das ist meist irreparabel. Abgesehen davon geht es um Begeisterungsfähigkeit für das eigene Thema oder Produkt, um einen wertschätzenden Umgang mit Interessenten und Kunden, um eine optimale Selbstorganisation, ein gutes Zeitmanagement und Durchhaltevermögen.

Welche sind die häufigsten Fehler?

Der häufigste Fehler, den ich sehe, ist jener, falschen Anleitungen zum Erfolg hinterherzujagen – also Werten, die nicht aus dem eigenen Inneren kommen, sondern von außen auferlegt werden und oftmals an der Realität vorbeisurfen. Kürzlich hab ich auf Instagram einen Post gesehen, in dem reiche und arme Menschen einander gegenübergestellt wurden, um bildlich zu zeigen, was Reiche von Armen angeblich unterscheidet. Beim Anblick dieser Grafik war ich richtig schockiert. Denn selbst unter der Prämisse, dass der Arme und der Reiche die gleichen Voraussetzungen hatten (was unwahrscheinlich ist), wäre es trotzdem Blödsinn, dass Reiche nie fernsehen, jeden Tag ein Buch lesen und immer – auch am Wochenende – hart arbeiten.

Es hat so gewirkt, als wären Arme einfach faul und inkonsequent. Und diesbezüglich muss ich entschieden Einspruch erheben: Das Leben funktioniert nämlich nicht so gerecht, dass jeder nur Punkt A bis D befolgen müsste, um Geld anzuhäufen. Ich finde, man muss schon sehr vorsichtig mit solchen Äußerungen sein, denn es gibt zig Gründe, warum Menschen arm sind. Die meisten haben damit zu tun, in welchem Land sie zufällig geboren wurden und welchen Start ins Leben sie hatten, also weniger damit, was sie selbst zu ihrer Misere beigetragen haben. Denn nicht jeder hat die gleichen Möglichkeiten – sonst würden wir in einer anderen Welt leben.

Der Spruch „Nur wer hart arbeitet, kann erfolgreich werden!“ stimmt also nicht?

Das ist ein weit verbreiteter Glaubenssatz und ja, es gibt sicherlich Menschen, die durch harte Arbeit an viel Geld gekommen sind. Es gibt aber auch Menschen, die hart arbeiten und deshalb noch lange nicht wohlhabend werden – und umgekehrt kann man auch gut verdienen, ohne keine Zeit mehr fürs Privatleben zu haben. Erfolg braucht nämlich eine Sogwirkung, keinen Druck! Diese Haltung kann sogar richtig problematisch werden: wenn Betreffende sich im schlimmsten Fall bis ins Burnout arbeiten, um dem finanziellen Erfolg hinterherzujagen – weil sie glauben, den hätten sie nur verdient, wenn sie rund um die Uhr arbeiten. Abgesehen davon wurde mit dieser Arm-reich-Gegenüberstellung auch noch suggeriert, dass Erfolg nur jene Menschen haben, die finanziellen Reichtum anhäufen. Das führt dann dazu, dass Menschen Erfolg nur über ihren Kontostand definieren. Erfolgreich sind aber auch Menschen, die nicht wohlhabend sind.

Haben Sie auch dafür ein Beispiel für uns?

Natürlich, gern: Eine Lehrerin, der es gelingt, einen perspektivlosen Schüler auf den richtigen Weg zu bringen, sodass dieser Lust hat, ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft zu werden, wird vermutlich keine Millionen scheffeln, aber ist sie nicht enorm erfolgreich mit dem, was sie tut? Oder ein Krankenpfleger, der dafür sorgt, dass ein Patient, der Schmerzen und Angst hat, sich in seiner Obhut gut aufgehoben und hoffnungsvoll fühlt – auch der wird bestimmt nicht zu den oberen Zehntausend gehören, aber er ist meiner Definition nach erfolgreich und einer der wahren und wichtigsten Systemerhalter.

Wieso ist Sprachkompetenz wichtig, um Erfolg zu haben?

Sprache ist der Beginn von allem. Durch Sprache drücken wir Menschen uns aus und treten in Beziehung zueinander. Wenn wir mit unserer Sprache an Grenzen stoßen, dann tun wir das auch mit unserer Wirklichkeit, denn was wir nicht klar benennen können, das können wir uns auch nicht vorstellen. Die meisten von uns kennen ja das Gefühl, wie es ist, wenn wir uns in einer Fremdsprache nicht so gut ausdrücken können wie in unserer Muttersprache: Da fühlen wir uns gehemmt und begrenzt, denn wir würden unsere Gedanken gern exakt artikulieren können, stehen aber das Vokabular betreffend immer wieder an. Anders gesagt: Wer mit seiner Sprache limitiert ist, der ist das auch in seinen emotionalen Fähigkeiten.

Außerdem fängt Sprache meinem Ansatz nach bereits bei unseren Selbstgesprächen an: Es hat immensen Einfluss auf uns, was wir denken und wie wir mit uns selbst reden, was wir uns den lieben langen Tag so erzählen. Die Qualität unserer Gedanken bestimmt maßgeblich die Qualität unseres Tages – und unsere Gedanken hüllen wir in Sprache. Erst in einem zweiten Schritt geht’s dann um die Kommunikation nach außen, also darum, wie ich mit meinen Mitmenschen kommuniziere, ob mündlich oder schriftlich – und unsere Kunden oder potenziellen Kunden gehören ja auch zu unseren Mitmenschen: Wenn ich hier nicht klar bin mit meinen Aussagen, wird’s schwierig, denn dann kann es schnell zu Missverständnissen kommen. Textsicherheit beugt dem vor und schafft unbewusst Vertrauen. Die Kraft und Macht der Sprache als Transportmittel zur potenziellen Kundschaft zu unterschätzen, ist nur leider weit verbreitet. Oder anders gesagt: Textsicherheit ist ein unterschätzter Erfolgsfaktor, den ich in der Business-Welt häufig mitbekomme. Da hör ich dann Gegenargumente wie: „Ja, aber der xy ist stinkreich und jeder seiner Social-Media-Beiträge ist voller Rechtschreibfehler!“ Das stimmt: Es gibt wirtschaftlich erfolgreiche Menschen, deren offizielle Texte mich beim Lesen zum Fremdschämen bringen, aber das ist doch eher die Ausnahme. Und: Wenn jemand bereits erfolgreich ist, verzeiht man ihm auch eine ganze Menge. Aber wenn man erst dabei ist, sich zu etablieren, sieht das leider anders aus.

Wie genau könnte dieser Wettbewerbsnachteil aussehen, also woran scheitert es dann konkret?

Ein Beispiel: Ein Jungunternehmer investiert in die Logoentwicklung, ins Design seiner Website, lässt Fotos vom Profi machen, aber denkt sich dann, bei den Texten könne er sparen – die könne er ja selbst schreiben, weil wir in der Schule alle zu schreiben gelernt haben. Das Ergebnis sind nicht nur marketingtechnisch wenig wirkungsvolle Texte, sondern auch auffallend viele Formulierungs-, Grammatik-, Rechtschreib- und Satzzeichenfehler, wodurch er in seiner Außenwirkung an Kompetenz und Professionalität einbüßt und viele potenzielle Kunden verliert, bevor sie sich überhaupt ein Bild von seinen Fähigkeiten machen konnten. Das passiert möglicherweise ungerechtfertigt, weil der Jungunternehmer seine Expertise betreffend vielleicht sogar äußerst kompetent ist, aber das ist eben die Folge, weil Texte oftmals der erste Eindruck sind, den wir von uns hinterlassen. Und wir leben nun mal in einer Welt, in der wir alle ständig über Zeitmangel klagen, weil Zeit auch die wichtigste aller Währungen ist. Da nimmt sich also kaum jemand die dafür notwendigen zusätzlichen Minuten, um auf einer Website zu verweilen oder sich einen Instagram-Account weiter anzusehen, wenn der schlechte Text verärgert, Unklarheiten auslöst oder vom Inhalt ablenkt. Und was die meisten nicht bedenken: Sogar Leuten, die selbst nicht sattelfest sind, was etwa die Rechtschreibung betrifft, fällt es auf, wenn andere viele Fehler machen. Das ist wie im restlichen Leben: Die Schwächen und Unzulänglichkeiten anderer erkennen wir oft schneller als unsere eigenen.

Und wir spüren außerdem: Wie jemand eine Sache angeht (etwa die mit den Texten), so geht er meistens alles an, also platt gesagt entweder mit Liebe zum Detail und einer gewissen Genauigkeit – oder eben nicht. Dafür gibt es natürlich etliche Beispiele, die womöglich privat oft keine starken Impacts haben, aber beruflich nachhaltiger wirken. Sich des Unterschieds verschiedener Begriffe bewusst zu sein und Sprache präzise anwenden zu können, bringt also einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, denn nur dann kann man Sprache so einsetzen, wie man das möchte, ohne beim Gegenüber falsch oder gar nicht anzukommen. Fakt ist: Die Argumente einer Person werden sofort schwächer, wenn sie sprachlich nicht kompetent verpackt sind. Anders gesagt: Fachkompetenz lässt sich ohne Sprachkompetenz nur schwer transportieren.

Wie sieht Erfolg für Sie persönlich aus?

Erfolg bedeutet für mich die Freiheit, das zu tun, was ich am liebsten mache und am besten kann, mir meine Zeit komplett frei einteilen und davon leben zu können. Meine Definition von Erfolg weicht damit vermutlich von der klassischen ab, nach der erst eine bestimmte Summe auf dem Konto symbolisiert, dass man es „geschafft hat“ – wobei ich sagen muss, dass ich ebenso wenig zu jenen gehöre, die meinen, Geld wäre unbedeutend oder gar schmutzig. Geld macht immerhin vieles erst möglich und ist daher sehr wohl wichtig und – richtig eingesetzt – etwas Gutes.

Erfolg bedeutet für mich aber auch, anderen zu einem erfüllteren Berufsleben zu verhelfen, weil ich davon überzeugt bin, dass Menschen sich besser und sozialer verhalten, wenn es ihnen gut geht. Und ich möchte im kleinen Rahmen des mir Möglichen dazu beitragen, dass es immer mehr Menschen gibt, die ein zufriedenstellendes Leben führen können, damit die Anzahl derer, die „gute Menschen“ sein können und wollen, weil sie ein qualitätsvolles Leben führen, größer und größer wird. Und das fängt meiner Erfahrung nach häufig mit dem eigenen Beruf an, weil wir nun mal enorm viel Zeit mit der Arbeit verbringen.

Mein wichtigster Rat: Der Ursprung aller Unzufriedenheit liegt im Vergleich. Darum sollten wir die beste Version von uns selbst werden wollen und keine Kopie von irgendjemand anderem, den wir bewundern oder gar beneiden.

www.pamelaobermaier.com

Foto: Gabi Scheinast