Der Parzival ist keine ‚leichte Lektüre‘, dennoch kann dem Werk mit über 80 überlieferten Textzeugnissen eine einzigartige Wirkungsgeschichte nachgesagt werden, vom Mittelalter bis heute. Wolfram von Eschenbach verarbeitet alle geläufigen Problemstellungen seiner literarischen Epoche – teilweise kritisch ironisierend, teilweise für seine Zeit neuartig zuspitzend.
Der Autor verfolgt parallel zum Hauptgeschehen um Parzival eine Vielzahl von weiteren Handlungssträngen. In immer neuen ‚Würfelwürfen‘ spielt er die politischen, gesellschaftlichen und religiösen Probleme, vor die sich Parzival gestellt sieht, mit anderen Protagonisten durch und entfaltet die Romanhandlung so zu einer umfassenden Anthropologie.
Und einmal mehr verstehen wir das Heute durch das Lesen vom Gestern …
Wolfram selbst war sich dessen bewusst, dass seine oft sprunghafte, bildreich assoziierende Erzählweise neu und ungewöhnlich war; er vergleicht sie mit dem ‚Hakenschlagen eines Hasen auf der Flucht vor Ignoranten‘.
Hauptquelle des Parzival ist der unvollendete Versroman Perceval le Gallois ou le conte du Graal/Li contes del Graal von Chrétien de Troyes, entstanden zwischen 1180 und 1190. Wolfram selbst distanziert sich im Epilog überraschend von Chrétien, nennt dagegen mehrfach das Werk eines gewissen ‚Kyot‘ als Vorlage und versieht diese auch noch mit einer abenteuerlichen Entstehungsgeschichte. Da aber ein solcher ‚Kyot‘ außerhalb von Wolframs Dichtung nicht identifiziert werden konnte, sind diese Angaben eher als literarische Koketterie des Autors und Kyot als Quellenfiktion einzuordnen.
Franz Viktor Spechtler ist Professor für Ältere Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Salzburg und Spezialist für mittelhochdeutsche Dichtung Österreichs. Er habilitierte mit einer Arbeit zu Ulrich von Liechtenstein und transkribierte dessen Dichtungen »Frauendienst« und »Frauenbuch«. Spechtler ist Verfasser zahlreicher Monographien und Aufsätze zu verschiedenen mediävistischen Themen.
Das Umschlagbild: Wolfram von Eschenbach in der Großen Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse, Cod. Pal. germ. 848), Zürich, ca. 1300 bis ca. 1340, Online-Ansicht Universitätsbibliothek Heidelberg
Last but not least: Das Buch selbst – im speziellen Format! Klein wie ein Reclam, „dick“ wie ein 1000 Seiten-„Wälzer“ … ein Schmuckstück!
ca. 850 Seiten, 3-Fach-Band, gebunden, Lesebändchen, Prägedruck
Ins Neuhochdeutsche übertragen von Franz Viktor Spechtler
EUR 44,85