Hütten, Bergsport und alpiner Naturschutz unter der Lupe
Fast 700.000 Menschen in Österreich gehören einem alpinen Verein an, mehr als 500.000 davon sind Mitglied beim Österreichischen Alpenverein (ÖAV). Wie sehr die Berge bewegen, verdeutlichen die Fakten aus dem Jahresbericht des größten alpinen Vereins Österreichs. Für den Sommer- und Wintertourismus lassen sich daraus einige markante Trends ablesen.
Trend: Einfachheit statt Luxus: Hütten immer beliebter
Wie eine aktuelle Studie zeigt, planen 30 Prozent der Österreicher, ihren Sommerurlaub 2016 in Österreich zu verbringen. Der Trend, der sich über die letzten Jahre bereits abgezeichnet hat, ist auch auf den 234 Alpenvereinshütten (417 inkl. jenen des DAV) zu spüren. 72,5 Prozent der Wanderer kehren im Zuge ihrer Bergtouren zumindest gelegentlich bei einer Hütte ein, rund 10 Prozent übernachten auch dort.
Mit 13.000 Schlafplätzen (und einer Million Besucher bzw. 300.000 Nächtigungen pro Jahr) könnte man die Hütten des ÖAV als größten Beherbergungsbetrieb Österreichs bezeichnen. Doch der Anspruch an die Schutzhütten ist ein anderer, so Alpenvereinspräsident Dr. Andreas Ermacora: „Unsere Hütten sind die Perlen im Netz der Wanderwege. Sie sind in Österreich so gestreut, dass man als Wanderer ein sicheres Dach über dem Kopf findet, eine Rast einlegen und sich stärken kann. Die Anzahl ist gerade ausreichend, um bei Gebirgsdurchquerungen einen Stützpunkt zu finden. In den 90er Jahren haben die Alpenvereine die Erschließung der Alpen für beendet erklärt und sich darauf geeinigt, keine weiteren Hütten und Wege mehr neu zu errichten.“
Urige Gemütlichkeit. Das Bekenntnis zu Schlichtheit und Einfachheit ist dem Alpenverein nach wie vor ein Anliegen: „Die Ansprüche der Gäste steigen, und so mancher Wanderer wünscht sich etwa bei einer Übernachtung auch eine heiße Dusche oder eine tadellose WLAN-Verbindung. Doch das lässt sich nicht auf jeder Hütte verwirklichen, nicht selten müssen die Wirte mit Strom und Wasser haushalten. Wo es geht, bieten wir einige Grund-Annehmlichkeiten an, aber auf vielen Hütten wird es auch in Zukunft nur ein Mindestmaß an Komfort geben. Fließend Wasser im Waschraum, ein Platz im Bettenlager und ein Hüttenschlafsack statt Bettwäsche – das hat für die meisten unserer Gäste einen besonderen Charme und ist oft sogar der Grund für einen Besuch. Mit Gemütlichkeit und Einfachheit auf unseren Hütten sind wir bisher gut gefahren und der Alpenverein wird in den Bergen sicher auch weiterhin keine Luxushotels errichten“, betont Ermacora.
Umweltgerechte Bewirtschaftung.Weiterentwickeln werden sich die Alpenvereinshütten dennoch, und zwar in Hinblick auf einen umweltgerechten und energieeffizienten Betrieb. „Viele unserer Hütten beziehen ihren Strom bereits aus eigenen, umweltfreundlichen Kleinkraftwerken. Neben der naturverträglichen Energiegewinnung sind fachgerechte Trinkwasseraufbereitung und Abfallvermeidung sowie Energie- und Wassersparmaßnahmen Voraussetzungen, um das Umweltgütesiegel des Alpenvereins zu erhalten“, so der Alpenvereinspräsident. Bereits 111 Hütten tragen das begehrte Emblem und Jahr für Jahr kommen weitere Häuser hinzu, die die strengen Vorgaben erfüllen.
Auch die Verarbeitung von regionalen Produkten und Lebensmitteln sowie die Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Betrieben vor Ort ist eine Entwicklung, die der Alpenverein auch auf seinen Hütten forciert.
Trend: Im Bergsport zählen Sicherheit und Gesundheitsbewusstsein
„Es ist erfreulich, dass angesichts der vielen Bergsportbegeisterten nicht auch ein Anstieg an Alpinunfällen zu beklagen ist. Doch unsere Präventionsmaßnahmen scheinen zu greifen“, freut sich Mag. Michael Larcher, Bergführer und Leiter der Bergsport-Abteilung im Alpenverein. Dennoch, so Larcher, darf man sich mit jährlich 300 Alpintoten in Österreich nicht zufrieden geben. „Wir brauchen neue, originelle Initiativen, müssen die Online-Medien noch besser nützen und auch die Zusammenarbeit zwischen den alpinen Organisationen gehört verstärkt.“ Eine groß angelegte Sicherheitsinitiative unter dem Motto „SicherAmBerg“ ist bereits angelaufen und wird sich in den kommenden Monaten weiter ausdehnen. So haben allein in der ersten Jahreshälfte mehr als 200 Kletterer an den kostenlosen „Sicher Klettern“-Workshops des Alpenvereins in Westösterreich teilgenommen. Im Herbst wird die Aktion in den ostösterreichischen Kletterhallen fortgesetzt.
Ausbildung von Multiplikatoren. Mehr als 5.000 (exakt: 5.188) Bergsteigerinnen und Bergsteiger engagieren sich in den „Alpinteams“ der 196 Alpenvereinssektionen und geben ihr Wissen und die aktuelle Lehrmeinung in Form von Kletterkursen, Wanderungen oder Skitouren an die Alpenvereinsmitglieder weiter. In die Aus- und Fortbildung seiner ehrenamtlich tätigen Tourenführerinnen und Tourenführer investiert der Alpenverein jährlich mehrere hunderttausend Euro. Allein im Jahr 2015 wurden von der Alpenverein-Akademie 186 Fortbildungsveranstaltungen für diese Funktionärsgruppe durchgeführt.
Fotos: Alpenverein, Franz-Fischer-Hütte Monika Melcher, Bergsport Glockner Norbert Freudenthaler