Private Fotografie in Österreich 1930-1950

Laufzeit: 10. Oktober 2018 bis 17. Februar 2019 – Volkskundemuseum Wien
Laudongasse 15–19, 1080 Wien

Zwischen 1930 und 1950 lebte man in Österreich im tiefsten Frieden. Zu diesem Schluss muss kommen, wer allein von den Bildern der privaten Fotografie ausgeht. Sie zeigen vor allem Kinder und Weihnachten, Bergwanderungen und Gartenarbeit, Hochzeiten und Badeferien, und in der schieren Masse dieser Aufnahmen kommen Uniformierte und Hakenkreuzfahnen allenfalls am Rande vor, Februarkämpfe, Anhaltelager und die Verfolgungen und Morde des Nationalsozialismus gar nicht. Die Diskrepanz zwischen den Bildern und unserem historischen Wissen über diese Jahre und ihre Katastrophen ist auffällig. Wie kommt sie zustande?

Die Ausstellung „Alle antreten! Es wird geknipst!“ befasst sich mit der Rolle der privaten Fotografie von 1930 bis 1950 in Österreich, zwei Jahrzehnten also, die durchzogen sind von Brüchen – der kalte Staatsstreich des Austrofaschismus, die Niederschlagung des sozialistischen Widerstands und der gescheiterte Putsch der Nazis, Anschluss, Weltkrieg, Shoah und schließlich Niederlage, Befreiung und Besetzung durch die alliierten Truppen. Davon gibt es viele Bilder, die in Büchern und Ausstellungen zu sehen sind. Doch die private Fotografie dieser Jahre scheint andere Aufgaben zu haben als die, den Einbruch von Politik und Geschichte für die familiären Erzählungen aufzuzeichnen.

Welche Aufgaben sind das? Darüber mehr herauszufinden ist das Ziel der Ausstellung, die sich als Schau- und Forschungsraum versteht. Sie zeigt tausende von Bildern aus privaten Beständen, anhand derer Besucher*innen mehr über die privatfotografischen Praktiken der zwei Dekaden erfahren und gegebenenfalls ihre eigenen Überlegungen und Untersuchungen verfolgen können. An den Wänden ist Platz, um die vorhandenen und neue Bilder nach wechselnden Kriterien zu arrangieren; an Arbeitsplätzen stehen die Alben und Fachliteratur zur Verfügung, um beispielsweise die eigenen Familienfotografien mit den vorhandenen zu vergleichen, Bilder zu lokalisieren und zu datieren oder zu spezifischen Fragen zu arbeiten. Die Ausstellung begreift sich als kollaboratives Forschungsprojekt. Erkenntnisprozesse finden öffentlich statt, und die generierten Ergebnisse verändern immer wieder die sichtbare Oberfläche der Ausstellung. Begleitend werden Interview-, Gesprächs- und Vortragsformate die Rolle von Fotografien und Alben als Medien der privaten Erinnerung diskutieren. Ebenso gibt es Termine, bei denen Privatalben eingebracht und gemeinsam mit den Kuratoren gesichtet werden können.

Kontakt für Albensichtungen: fotosammlung@volkskundemuseum.at

 

Titelbild: Anonyme Fotograf*innen, Österreich, um 1940 aufgenommene Fotografie aus einem ca. 1955 angelegten Album.