Vielfältig und bunt – die Küche Indiens ist ein Fest für die Sinne. 

Wer an die indische Küche denkt, dem fallen zuerst gelbe Curries, scharfe Masalas und das berühmte Tandoori Chicken ein. Doch bei über einer Milliarde Einwohnern in 29 verschiedenen Bundesstaaten kann das nicht alles sein. Der Subkontinent beherbergt eine ungeahnte kulinarische Vielfalt, die weit darüber hinausgeht. Kein anderes Land der Welt bietet eine derart große Bandbreite an vegetarischen und nicht-vegetarischen Gerichten, die dank raffinierter Gewürze zu einem echten Geschmacksfeuerwerk werden. Aromatisch, farbenfroh, würzig bis scharf und vielfältig – so lässt sich die indische Küche am besten beschreiben. Dabei gibt es „die“ indische Küche gar nicht. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich religiöse und kulturelle Einflüsse ganz unterschiedlich auf die verschiedenen Regionen ausgewirkt.

Die indische Küche von Nord nach Süd und von West nach Ost

  • Der Norden: Berechtigterweise gilt Indien als Land der Vegetarier. Eine Ausnahme bildet jedoch der Norden: Hier stehen deftige Fleischgerichte mit Lammfleisch, Ziege oder Huhn auf der Speisekarte. Eines der bekanntesten Gerichte ist Tandoorr-Hähnchen, das traditionell in einem Lehmofen – dem sogenannten Tandor – zubereitet wird. Auch Samosas, pikant gefüllte Teigtaschen, stammen aus dem Norden Indiens. Liebhaber von Gewürzen kommen hier voll auf ihre Kosten, denn die Speisen werden nach orientalischen Einflüssen mit Kreuzkümmel und Safran verfeinert. Zudem werden oft Nüsse und Milchprodukte verwendet und als Beilage Fladenbrot serviert.
  • Der Süden: Currys, Biryani (Reisgericht, oft mit Nüssen) und sehr viel Chili prägen die südindische Küche. Das subtropische Klima bietet viel frisches Obst, Gemüse und auch Kokosnuss, die in Form von Kokosmilch in vielen Gerichten enthalten ist. Dazu ist Reis die klassische Beilage. Gewürzt wird mit Curry, Kurkuma, Ingwer, Knoblauch und Tamarinde.
  • Der Westen: Die Küche Westindiens ist aufgrund ihrer Bevölkerungsstruktur am vielfältigsten. Schweinegerichte wie Vindaloo stehen ebenso auf der Speisekarte wie vegetarische Gerichte und Hülsenfrüchte in Form von Dal. Neben Reis wird als Beilage auch Hirse verwendet.
  • Der Osten: Ostindische Speisen werden eher mild gewürzt: Kreuzkümmel, Senföl, Fenchelsamen oder Schwarzkümmel haben hier den Vorrang vor scharfem Chili. Bekannt ist die ostindische Küche für Desserts und Süßigkeiten wie Khir, ein aromatisch gewürzter Reispudding, oder Sandesh, eine Art Konfekt. Wie im Norden werden auch hier gerne Nüsse verarbeitet.

Das kleine 1×1 der indischen Gewürze

  • Amchoor: Das hellgelbe Pulver wird aus getrockneten grünen Mangos gewonnen. Schon ein Teelöffel davon verleiht Gerichten eine leicht süßlich-saure Note. Anstelle von Amchoor kann auch ein Spritzer Zitronen- oder Limettensaft verwendet werden.
  • Bockshornklee: Ein indisches Chutney ohne Bockshornklee? – Keine Chance! Die kleinen gelblichen Samen verleihen Pickles, Chutneys und vielen vegetarischen Gerichten ihr unvergleichliches pikantes Aroma.
  • Cassia: Da dieses Gewürz geschmacklich sehr an Zimt erinnert, wird es auch gerne chinesischer Zimt genannt. Es ist jedoch deutlich intensiver als normaler Zimt.
  • Chili: Getrocknet oder frisch, grün oder rot, Chilis werden in Indien vielfältig und umfangreich genutzt. Besonders scharf sind die Kerne der Chilischoten. Getrocknete Chiliflocken sind meist milder. Chilipulver wird in unterschiedlichen Schärfegraden angeboten. Beim Würzen mit Pulver und Flocken sollten Sie daher vorsichtig sein und sich langsam an Ihren persönlichen Schärfegrad herantasten.
  • Curry: Viele indische Familien haben ihr ganz eigenes Curryrezept, das sie über Generationen weitergeben. Trotzdem dürfen in einer Curry-Mischung niemals Kurkuma, Chili, Pfeffer, Kardamom, Koriander, Ingwer, Kreuzkümmel, Nelke und Muskat fehlen. Currypulver wird in unterschiedlichen Schärfegraden angeboten. Neben Currypulver werden auch gerne Currypasten zum Kochen verwendet.
  • Fenchelsamen: Eine feine Anisnote erhalten indische Gerichte, wenn sie mit Fenchelsamen gewürzt werden. Oft kommen Fenchelsamen bei sehr deftigen Gerichten zum Einsatz. Außerdem werden sie der besseren Verdaulichkeit wegen auch nach dem Essen gereicht.
  • Garam Masala: Wie Curry ist Garam Masala eine Gewürzmischung. Enthalten sind Kardamom, Nelken, Kreuzkümmel, Pfefferkörner, Zimt und Muskatnuss. Zahlreiche Currys werden mit Garam Masala abgeschmeckt.
  • Kurkuma: Kurkuma – oder Gelbwurz – hat ein angenehm mildes Aroma, das oft für Linsen- und Gemüsegerichte genutzt wird. Schöner Nebeneffekt: Dank Kurkuma erhalten Gerichte eine schön gelbe Färbung.
  • Kardamom: Rein geschmacklich ist Kardamom eine Mischung aus Ingwer, Zitrone und Eukalyptus. Das Gewürz passt sowohl zu süßen als auch herzhaften Speisen und wird gemahlen oder als Kapsel angeboten. Mit schwarzem Kardamom werden herzhafte Gerichte gewürzt. Die weißen Kapseln schmecken etwas milder und kommen bei Süßspeisen zum Einsatz.
  • Koriander: Die hellbraunen Koriandersamen erinnern an Orange und werden für süße und herzhafte Speisen verwendet.
  • Kreuzkümmel: Dieses Gewürz ist fast in allen indischen Gerichte enthalten. Er wird ganz oder gemahlen verwendet und gibt Speisen eine angenehm pikante Note. Da sein besonderes Aroma erst beim Rösten freigesetzt wird, sollte man Kreuzkümmelkörner, die später gemahlen werden, vorher kurz anrösten.
  • Senfkörner: Während geröstete Senfkörner mild und nussig schmecken, entfalten sie zerstoßen ein scharfes Aroma. Senfkörner werden in vielen vegetarischen Speisen und Reisgerichten verwendet.
  • Tamarinde: Tamarinde, auch indische Dattel genannt, schmeckt scharf, aber fruchtig und wird hauptsächlich in Pasten- oder Püreeform genutzt. Die Frucht des Tamarindenbaums wird in der indischen Küche auch gerne kandiert und mit Chili gewürzt als scharfes Konfekt angeboten.

„Die echte indische Küche“ von Sonal Ved

In ihrem Standardwerk „Die echte indische Küche“ versammelt die indische Food-Autorin Sonal Ved insgesamt 500 authentische Rezepte aus allen Regionen der Republik. In Nordindien und seinen Regionen Awadh, Kaschmir oder Delhi stoßen wir auf internationale Einflüsse, eine große Gemüsevielfalt oder raffinierte und über Nacht gegarte Gerichte. Im Westen genießt man tropische Früchte, Fisch und das „Thali“, bei dem über 20 Gerichte auf einem Teller serviert werden. Der Süden verwöhnt mit „Pesarattu“ (Hülsenfrüchte-Pfannkuchen), „Kubani Ka Meetha“ (Süßspeise aus getrockneten Aprikosen) und „Uperi“ (herzhaftes Gericht mit Bananen). Darüber hinaus gibt es detaillierte Informationen zu kulinarischen Einflüssen, regionalen Erzeugnissen und der kulturellen Vielfalt Indiens.

Rezept für „Indori Poha“: Reisflocken mit Fenchel (Zentral-Indien)

Zutaten für zwei Personen

  • 1 EL Pflanzenöl
  • 1 TL Braune Senfsamen
  • 1 TL Kreuzkümmelsamen
  • 1 TL Fenchelsamen
  • 2 Curryblätter
  • 1 Grüne Chilischote, fein gehackt
  • 1 TL Gemahlene Kurkuma
  • 1 TL Chilipulver
  • 1 TL Ingwer, geschält und geraspelt
  • 1 TL Knoblauch, gerieben
  • 2 Zwiebeln, fein gewürfelt
  • 400 g Reisflocken (Poha/Chura)
  • ½ Tasse Granatapfelkerne
  • 2 EL Koriandergrün, Blätter fein gehackt
  • Salz

Zubereitung

  1. Das Pflanzenöl in einer Pfanne bei niedriger bis mittlerer Temperatur erhitzen. Senfsamen, Kreuzkümmel, Fenchelsamen, Curryblätter und Chili zugeben und rösten, bis die Samen zu knistern beginnen.
  2. Kurkuma und Chilipulver ebenfalls zugeben und gründlich verrühren. Dann Ingwer, Knoblauch und Zwiebeln zufügen und mitrösten, bis es zu duften beginnt.
  3. Reisflocken unterrühren, bis alles eine homogene sonnengelbe Färbung angenommen hat, und 2 bis 3 Minuten garen.
  4. Nach Geschmack mit Salz würzen und mit Granatapfelkernen und Koriandergrün garniert servieren.

Rezept für „Bohri Style Chicken Nu Salan“: Hähnchen in süß-saurem Curry (West-Indien)

Zutaten für 2 Personen

  • 250 g Hähnchenfleisch mit Knochen, gehackt
  • 1 EL Knoblauch-Ingwer-Paste
  • 1 EL Essig
  • 3 EL Chicken Salan Masala (Hähnchenwürzpulver)
  • 250 g Joghurt
  • 2 EL Mandelmehl
  • 125 g Tomatenketchup
  • 125 g Tomatenpüree
  • 1 ½ TL Chilipulver
  • 1 ½ TL Garam Masala
  • 1 EL Pflanzenöl
  • 2 Stück Zimtrinde (2,5 cm)
  • 2 Curryblätter
  • 1 Zwiebel, mittelgroß, gewürfelt
  • ½ Tasse Koriandergrün, fein gehackt
  • Salz
  • Schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen

Zubereitung

  1. Hähnchenfleisch, Knoblauch-Ingwer-Paste, Essig und Chicken Salan Masala mit drei Tassen Wasser in einem großen Topf bei mittlerer Hitze 20 bis 25 Minuten kochen, bis das Hähnchenfleisch weich ist. Hähnchen abgießen und die Brühe aufbewahren. Beides beiseitestellen.
  2. Joghurt, Mandelmehl, Ketchup, Tomatenpüree, Chilipulver, Garam Masala, Salz und Pfeffer in einem Mixer glatt mixen.
  3. Das Pflanzenöl in einer Pfanne bei niedriger bis mittlerer Hitze erhitzen. Zimtrinde und Curryblätter hineingeben und rösten, bis die Blätter zu knistern beginnen. Die Zwiebel zugeben und unter Rühren goldbraun rösten.
  4. Dann auch die Joghurt-Mandel-Mischung unterrühren und köcheln, bis das Wasser aus dem Joghurt verdunstet.
  5. Die gegarten Hähnchenstücke zusammen mit ¼ Liter Brühe zugeben und 10 bis 12 Minuten kräftig durchschwitzen, mit Pfeffer abschmecken.
  6. Mit Koriandergrün garnieren und heiß servieren.

Infos zum Buch

Die echte indische Küche
500 authentische Rezepte aus allen Regionen
Sonal Ved
Hölker Verlag, Hardcover, 496 Seiten
Preis: 50,40 Euro
ISBN: 978-3-88117-195-3

Fotos: (c) Anshika Varma, Hölker Verlag;
Titelbild (c) von 
PublicDomainPictures auf Pixabay 
TEXT: Anna Karolina Stock